Honorarverhandlungen ante portas
Fachärzte-Chef Heinrich: Vertragsarztpraxen müssen 25 Stunden in der Woche geöffnet haben
Kurz vor Beginn der Auftaktrunde der Honorarverhandlungen verweist SpiFa-Chef Heinrich auf die geltenden Spielregeln. Vertragsärzte, die Selbstzahler behandeln, begehen demnach kein Foul.
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„Arztpraxen sind wirtschaftliche Unternehmungen“: SpiFa-Chef Dr. Dirk Heinrich.
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Berlin. Terminvergabe an gesetzlich Versicherte gegen Bezahlung, Bevorzugung von Privatversicherten in Arztpraxen: Stehen die Honorarverhandlungen der gesetzlichen Krankenkassen mit den Vertragsärzten an, schlagen die Wogen regelmäßig hoch. Der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (SpiFa) hat am Donnerstag eine Versachlichung der Debatte angemahnt.
„Arztpraxen in Deutschland sind wirtschaftliche Unternehmungen“, hat der Vorstandsvorsitzende des SpiFa Dr. Dirk Heinrich am Tag vor der ersten Honorarrunde von Vertragsärzten und dem GKV-Spitzenverband (19. August) angemerkt. Die Vertragsarztpraxen gehörten ihren Eigentümern, nicht den Krankenkassen oder gar dem Staat.
Versicherte meinen: 25 Stunden noch akzeptabel
Vertragsarztpraxen mit einem vollen Kassenarztsitz müssten 25 Stunden in der Woche für GKV-Versicherte geöffnet sein, weitere 13 Stunden dürften sie für Nebentätigkeiten, zum Beispiel für die Behandlung von Privatpatienten und Selbstzahlern aufwenden.
„Mindestens sieben Prozent“
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Heinrich spielt damit auf Argumente der Kassenseite an, Versicherte wünschten sich einen schnelleren Zugang zu Behandlungen in Facharztpraxen. Dies wiederum geht aus seiner Versichertenbefragung des GKV-Verbandes hervor, deren Ergebnisse in diesem Jahr veröffentlicht worden sind.
Demnach halten 27 Prozent der Befragten die Öffnungszeiten der Arztpraxen für zu kurz, die Hälfte hält sie für „noch akzeptabel“.
GKV-Vize fordert kürzere Wartezeiten
Genau ein Viertel der Befragten wartet demnach länger als 30 Tage auf einen Termin in der Facharztpraxis, immerhin jeder zweite ist aber binnen zehn Tagen an der Reihe. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands Stefanie Stoff-Ahnis forderte aufgrund der Befragungsergebnisse kürzere Wartezeiten bei Fachärzten und flexiblere Öffnungszeiten der Praxen ganz allgemein.
Ausweislich des Statistischen Bundesamtes stehen etwa 8,75 Millionen Privatversicherten rund 74,75 gesetzlich Versicherte Menschen gegenüber. Es sei daher „mathematisch logisch“, dass Privatversicherte schneller Termine bekommen, nutzt Heinrich dieses Verhältnis für seine Argumentation.
Aufgrund der willkürlichen Budgetierung, also einer absichtlichen Begrenzung der von Facharztpraxen erbrachten Leistungen, fielen weitere Termine jenseits der 25 Stunden Kassentätigkeit weg. „Wer also mehr Facharzttermine möchte, muss erst einmal die Budgetierung beenden“, so Heinrich.
Auch Chefärzte vergeben Privattermine
Kritiker würden zudem ausschließlich auf die Vertragsärztinnen und -ärzte fokussieren, sagte der Verbandschef. Reinen Privatpraxen würden ihre Terminvergabepraktiken praktisch nie vorgeworfen. „Gesellschaftlich nicht hinterfragt“ würde auch nicht, dass Chefärztinnen und -ärzte in „staatlichen Kliniken“ Privat- und Chefarzttermine anböten.
Ein flächendeckendes Fehlverhalten von Vertragsärztinnen und -ärzten kann die Bundesregierung an dieser Stelle nicht feststellen, geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen hervor. Ein Problem tut sich demnach jedoch bei Terminvermittlungsplattformen auf, die Selbstzahlerleistungen zu vermitteln versuchten und das mit einer Terminvergabe verknüpften. (af)