Junge Krebspatienten

Fertilitätserhalt als Leistung der Kasse?

Junge Krebskranke kämpfen dafür, dass Fertilitätsbehandlungen zur Kassenleistung werden.

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BERLIN. Die Deutsche Stiftung Junge Erwachsene mit Krebs drängt weiter darauf, dass gesetzliche Krankenkassen künftig Fertilitätsbehandlungen bei jungen Krebspatienten übernehmen. Um die Kostenübernahme zu erreichen, müsste zunächst die im Sozialgesetzbuch V (Paragraf 25) festgelegte Definition einer Krankenbehandlung angepasst werden. Der bisherige Gesetzestext sieht das Gewinnen und Einfrieren von Spermien und Eizellen als vorsorgende Maßnahmen und schließt diese von der Finanzierung durch die GKV aus.

Rund 16.000 junge Erwachsene erkranken pro Jahr im Alter zwischen 18 und 39 Jahren an Krebs. Die große Mehrheit von ihnen – etwa 80 Prozent – kann geheilt werden. Die dafür nötigen Chemo- und Strahlentherapien sind jedoch derart aggressiv, dass etwa ein Drittel ihre Fruchtbarkeit einbüßen.

Mittlerweile gibt es medizinisch etablierte Interventionen, um die Fruchtbarkeit trotz Krebsbehandlung zu erhalten. Spermien lassen sich wie auch Eizellen oder Ovarialgewebe entnehmen, einfrieren und über Jahre hinweg lagern. Die Kosten dafür liegen bei den Frauen, die sich dazu einer Operation unterziehen müssen, zwischen 3500 und 8300 Euro, bei den Männern zwischen 800 und 1500 Euro. Hinzu kommt ein Betrag von etwa 300 Euro pro Jahr für die Lagerung. Die Prozedur muss allerdings vor der eigentlichen Krebsbehandlung abgeschlossen sein.

Der Stiftungsvorsitzende, Professor Mathias Freund, betonte, dass die Frage der Finanzierung für eine "unselige Situation" sorge und die Aufklärungsgespräche zwischen Ärzte und Patienten belaste. Nur etwa jeder zweite Patient erinnere sich daran, über den möglichen Fertilitätserhalt aufgeklärt worden zu sein. Viele seien zudem mit der eigenen Diagnose und den bevorstehenden Behandlungen so sehr beschäftigt, dass sie sich keine weiteren Fragen zur weiteren Lebensplanung stellen mögen. "Neun von zehn jungen Krebspatienten wünschen sich, später eine Familie gründen zu können", sagte Professor Anja Bormann-Staudt von der Berliner Charité. Die Frage nach einer späteren Elternschaft gebe ihnen die "Hoffnung auf eine Zukunft".

Die Forderung der Stiftung unterstützt neben der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) auch der Paritätische Wohlfahrtsverband. Dessen Berliner Geschäftsführer Dr. Gabriele Schlimper sieht in der fehlenden GKV-Kostenübernahme nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein soziales Problem: "Die Möglichkeit, sich seine Fruchtbarkeit trotz Krebs zu erhalten, darf nicht vom Portemonnaie abhängen. Da müssen sich die Krankenkassen bewegen." (wer)

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