GKV versus PKV: Unsozial sind immer nur die anderen
Vertreter der Spitzenverbände von GKV und PKV sind sich einig, dass finanziell schwere Zeiten bevorstehen. Mehr Einigkeit gibt es aber nicht.
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Debattiert wird über Systemkonkurrenz, nicht über Konvergenz.
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LEIPZIG. Beim Leipziger "Frühjahrsgespräch zur Gesundheitspolitik" machten die Diskussionsteilnehmer deutlich, dass von einer Annäherung zwischen PKV und GKV in naher Zukunft nicht gesprochen werden kann.
Unter dem Titel "Gesetzlich oder privat? Das Modell der Krankenversicherung 2020" waren Spitzenvertreter von PKV- und GKV-Verbänden vom BKK-Landesverband Mitte dazu aufgerufen, die Herausforderungen beider Systeme zu analysieren.
Man war sich einig, dass wirtschaftlich schwere Zeiten bevorstehen - und dass jeder selber schaut, wie er diese übersteht.
Hans-Hermann Runge, Vorstandsvorsitzender des BKK-Landesverbands, machte die schwarz-gelben Koalitionäre, die einen leichteren Wechsel in die PKV ermöglicht haben, dafür verantwortlich, dass den gesetzlichen Kassen jedes Jahr mehrere hundert Millionen Euro fehlten.
Unterstützt wurde er darin von Michael Weller, Leiter des Stabsbereiches Politik des GKV-Spitzenverbandes. Die GKV leide vor allem darunter, dass junge, gesunde und gut Verdienende sich zunächst privat versichern und dann später - wenn höhere Beiträge drohen und mehr Leistungen abgerufen werden müssen - wieder in die GKV wechseln, sagte Weller.
Dem widersprach Frank Schulze Ehring, Referatsleiter Sozialpolitik des Verbands der Privaten Krankenversicherungen. Seine Sichtweise: Die meisten Versicherten wechselten im Alter von rund 35 Jahren in die PKV.
"Vorher, als sie kaum Leistungen in Anspruch nahmen, waren sie die ganze Zeit in der GKV." In der Diskussion bestritt Weller für die GKV, dass die PKV ein zukunftsfähiges Modell sei und auch künftig noch wirtschaftlich arbeiten könne.
"In 15 bis 20 Jahren kann sich das System nicht mehr finanzieren." Namens der gesetzlichen Kassen meinte er: "Ich habe auch keine Lust, der PKV über die Runden zu helfen."
Dass die PKV in schwierige Fahrwasser gerät, bestritten auch deren Vertreter nicht. "Wenn die Entwicklung so weitergeht, haben wir ein Problem", erklärte Schulze Ehring vom PKV-Verband, der in der Folge die Ärzte anging.
"Ich habe manchmal den Eindruck, dass Ärzte versuchen, Einnahmeverluste bei gesetzlich Versicherten durch die PKV zu kompensieren." So sei es bedenklich, dass Ärzte eigene Labore unterhielten, in denen sie selbst Leistungen für Privatpatienten anweisen könnten.
"In Laboren wird richtig zugelangt", sagte er, die privaten Kassen müssten für identische Leistungen das Fünffache dessen zahlen, was die GKV gibt. Auch andere Zahlen belegten, dass die PKVen geschröpft werde. So sei nur jeder zehnte Versicherte bei den Privaten, aber ein Viertel der Einnahmen im Gesundheitssystem kämen aus der PKV.
Professor Stephan Rixen von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth appellierte an beide Parteien, eine "ernsthaftere" Diskussion zu darüber führen, ob Annäherungen zwischen PKV und GKV möglich sind.
"Das Thema ist in Deutschland aber leider zu sehr politisiert", sagte er. Dabei gebe es "eine Konvergenz der Probleme", so Rixen, zum Beispiel die Kostensteigerung durch Demografie und medizinischen Fortschritt.
Rixen ließ Sympathie für eine "Volksversicherung mit zwei Säulen" anklingen. Auch über die Rationierung medizinischer Leistungen müsse geredet werden.