Kommentar – Selbstfahrende Autos

Gnadenlos gerecht

Alexander JoppichVon Alexander Joppich Veröffentlicht:

Stellen Sie sich vor, Sie fahren Auto. Plötzlich rennt ein Kind auf die Straße, auf dem Bürgersteig läuft ein Rentner: Sie können nirgends anders ausweichen. Es wird zum Unfall kommen, unausweichlich – was tun, wen verletzen, gar töten?

In einer internationalen Umfrage wurden Menschen vor solche Situationen gestellt und ihnen eine Entscheidung abverlangt. Heraus kam, dass es kulturelle Unterschiede gibt: Asiaten würden Ältere verschonen, Menschen aus westlichen Kulturen würden dahingegen eher Ältere opfern, um Kinder zu schonen.

Was sich daraus schließen lässt: Es gibt keine moralisch richtigen Entscheidungen, die Menschen weltweit teilen!

Wären autonom fahrende Autos hier ein Vorteil? Sie treffen immerhin stets eine gnadenlos rationale Entscheidung, allerdings basierend auf der Meinung des Herstellers – im besten Fall steht dahinter ein gesellschaftlicher Mehrheitskonsens. Heißt: Das Auto wägt ab, was Menschen ihm zur Entscheidung mitgeben. Das Auto lenkt, der Mensch denkt – so bleibt es auch beim autonomen Fahren.

Und trotzdem: Hilft es nicht eher der menschlichen Seele, wenn der Fahrer solche fatalen Entscheidungen nicht selbst treffen muss? Es ist doch eigentlich besser, dass eine Maschine eine vorher durchdachte Moral-Antwort anhand der Auswertung von Dutzenden Parametern trifft, anstatt dass ein Mensch seinem Gewissen innerhalb einer Sekunde eine Antwort geben muss. Fragen, die es zu klären gilt. 

Und so ist auch die Intention der Umfrageinitiatoren zu sehen. Sie wollten nicht klären, ob es bessere und schlechtere Unfallopfer gibt, sondern, dass die Gesellschaft eine Ethik-Debatte führt, bevor es zum ersten fatalen Unfall mit selbstfahrenden Autos kommt. Und das ist ihnen gelungen.

Lesen Sie dazu auch: Moralische Maschine: Wenn Autos über Leben und Tod entscheiden

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

EEG-Datenauswertung

Reisekrankheit: Die richtige Musik kann helfen

Lesetipps
Profilansicht eines Mannes in das die Anatomie der Nase, nasennebenhöhlen und des Mundes und Rachens eingezeichnet sind.

© svetazi / stock.adobe.com

Dreiarmige Interventionsstudie

Sinus-Operation lohnt sich offenbar bei chronischer Rhinosinusitis

Ein Vorteil der Lebendspende ist, dass man sie schon vor Beginn der Dialyse machen darf.

© picsfive / stock.adobe.com

Interview zu Lebendnierenspenden

Beratungsfall Organspende: Warum Hausärzte hier besonders gefragt sind