Kommentar – Selbstfahrende Autos
Gnadenlos gerecht
Stellen Sie sich vor, Sie fahren Auto. Plötzlich rennt ein Kind auf die Straße, auf dem Bürgersteig läuft ein Rentner: Sie können nirgends anders ausweichen. Es wird zum Unfall kommen, unausweichlich – was tun, wen verletzen, gar töten?
In einer internationalen Umfrage wurden Menschen vor solche Situationen gestellt und ihnen eine Entscheidung abverlangt. Heraus kam, dass es kulturelle Unterschiede gibt: Asiaten würden Ältere verschonen, Menschen aus westlichen Kulturen würden dahingegen eher Ältere opfern, um Kinder zu schonen.
Was sich daraus schließen lässt: Es gibt keine moralisch richtigen Entscheidungen, die Menschen weltweit teilen!
Wären autonom fahrende Autos hier ein Vorteil? Sie treffen immerhin stets eine gnadenlos rationale Entscheidung, allerdings basierend auf der Meinung des Herstellers – im besten Fall steht dahinter ein gesellschaftlicher Mehrheitskonsens. Heißt: Das Auto wägt ab, was Menschen ihm zur Entscheidung mitgeben. Das Auto lenkt, der Mensch denkt – so bleibt es auch beim autonomen Fahren.
Und trotzdem: Hilft es nicht eher der menschlichen Seele, wenn der Fahrer solche fatalen Entscheidungen nicht selbst treffen muss? Es ist doch eigentlich besser, dass eine Maschine eine vorher durchdachte Moral-Antwort anhand der Auswertung von Dutzenden Parametern trifft, anstatt dass ein Mensch seinem Gewissen innerhalb einer Sekunde eine Antwort geben muss. Fragen, die es zu klären gilt.
Und so ist auch die Intention der Umfrageinitiatoren zu sehen. Sie wollten nicht klären, ob es bessere und schlechtere Unfallopfer gibt, sondern, dass die Gesellschaft eine Ethik-Debatte führt, bevor es zum ersten fatalen Unfall mit selbstfahrenden Autos kommt. Und das ist ihnen gelungen.
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