Großbritannien: Hohe Gehälter, niedriger Standard?

Weil britische Ärzte gut verdienen, fehlt dem Gesundheitswesen auf der Insel laut einem Bericht der OECD Geld für die Patientenversorgung. Die Ärzteschaft in Großbritannien ist empört und zweifelt die Zahlen an.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Im Schatten der Tower-Bridge: Wegen hoher Arztgehälter, nur ein geringer Versorgungsstandard auf der Insel?

Im Schatten der Tower-Bridge: Wegen hoher Arztgehälter, nur ein geringer Versorgungsstandard auf der Insel?

© imagebroker / imago

LONDON. Britische Hausärzte ärgern sich, weil ihnen in einem neuen Report indirekt eine Mitschuld an der höheren Mortalität und Morbidität britischer Patienten gegeben wird.

Die Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) kritisiert, dass die Hausarzteinkommen im Königreich "viel zu hoch" seien. Dieses Geld fehle in der Patientenversorgung.

Britische Ärzteverbände kritisierten die Äußerungen. Die gesundheitspolitisch einflussreichste Ärzteorganisation British Medical Association (BMA), die landesweit rund 75.000 Mediziner vertritt, bezweifelt öffentlich, dass es eine "Kausalität zwischen Mortalität und Ärzteeinkommen" gebe.

"Das ist so nicht richtig", so ein BMA-Sprecher zur "Ärzte Zeitung" in London.

Hausärzte im Königreich verdienen laut OECD-Report "durchschnittlich 106.000 Pfund jährlich" (rund 122.000 Euro). Das sei "doppelt soviel" wie in Frankreich. Fach- und Krankenhausärzte verdienten ebenfalls "überdurchschnittlich viel".

Als Vergleich werden andere Industrieländer wie Deutschland, Kanada, Frankreich und Belgien herangezogen. Die hohen ärztlichen Einkommen sowie "bürokratische Misswirtschaft" sorgen laut OECD dafür, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Großbritannien "dreieinhalb Jahre höher sein könnte, würde der Gesundheitsetat effizienter eingesetzt".

Die Organisation schätzt, dass "jährlich 74 von 100.000 Todesfällen vermeidbar" seien, würde im staatlichen britischen Gesundheitsdienst besser gewirtschaftet.

Die OECD stellt weiter fest, dass Großbritannien deutlich weniger Ärzte beschäftigt als vergleichbare Staaten. Während im Königreich 2,5 Ärzte 1000 Patienten versorgen, kämen in Belgien vier Ärzte, in Holland 3,9 und in Deutschland 3,5 Ärzte auf jeweils 1000 Patienten.

Britische Fach- und Klinikärzte liegen mit einem durchschnittlichen Jahresverdienst von rund 132.000 Euro international an sechster Stelle.

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