Bundestag

Grünes Licht fürs Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz

Manipulationsbremse für Versorgungsverträge kommt in abgemildeter Form. Neue Regeln gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln beschlossen.

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Berlin. Der Bundestag hat am Donnerstag das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz“ (GKV-FKG) verabschiedet und damit gleichzeitig den Weg für strengere Regeln gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln geebnet.

„Wir machen den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen gerechter. Die Kassen sollen nicht um die besten Finanztricks konkurrieren, sondern um den besten Service, die beste Versorgung und das modernste digitale Angebot“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Und wir setzen alles daran, damit Lieferengpässe bei Arzneimitteln künftig vermieden werden können.“

Die wichtigsten Regeln:

  • Wird eine Krankenkasse aufgelöst oder wegen Insolvenz geschlossen, zahlen nicht mehr zuerst die Kassen der gleichen Kassenart. Künftig wird die Last unter allen Krankenkassen verteilt.
  • Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Krankenkassen untereinander bei wettbewerbswidrigem Verhalten werden ausgeweitet.
  • Die Strukturen des GKV-Spitzenverbandes werden weiterentwickelt. Dazu wird ein neuer Lenkungs- und Koordinierungsausschuss geschaffen, der mit Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen besetzt ist. Zudem soll es eine Frauenquote in den Entscheidungsgremien geben.
  • Mehr Transparenz, bessere Abstimmung und Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenkassen.
  • Der Finanzausgleich der Gesetzlichen Krankenkassen(Risikostrukturausgleich, RSA) wird weiterentwickelt durch eine Regionalkomponente, ein Krankheits-Vollmodell (mit künftig 80 statt 50 Krankheiten), einen Risikopool zur Absicherung von Hochkostenfällen, eine Präventionsorientierung durch Einführung einer Vorsorge-Pauschale und eine versichertenindividuelle Berücksichtigung von Arzneimittelrabatten.
  • Eine Manipulationsbremse soll laut Bundesgesundheitsministerium sicherstellen, dass sich eine „Kodierbeeinflussung“ künftig nicht mehr lohnt: Steigen die Diagnosekodierungen bei bestimmten Krankheiten auffällig stark, bekommen alle Krankenkassen hierfür keine Zuweisungen mehr.

Es werde zudem eine Vertragstransparenzstelle für Selektivverträge der Krankenkassen eingerichtet, um Transparenz über Verträge zu schaffen und Zusammenhänge mit statistischen Auffälligkeiten in den RSA-Datenmeldungen erkennen zu können.

In Sachen Arzneimittel-Lieferengpässe gelten künftig folgende Regeln:

  • Meldepflicht für Großhändler und pharmazeutische Unternehmer: Sie sollen dem BfArM künftig „Informationen zu verfügbaren Beständen, Absatzmengen und drohenden Lieferengpässen von versorgungsrelevanten Arzneimitteln“ übermitteln. Bislang gibt es die Meldepflicht nur im Krankenhausbereich.
  • Lagerhaltung: Um Lieferengpässe zu vermeiden oder abzumildern, können künftig die Bundesoberbehörden für versorgungskritische Arzneimittel Vorgaben zur Lagerhaltung erteilen. Diese richten sich aber nur an pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhändler.
  • Rabattarzneimittel: Sind rabattierten Arzneimittel in der Apotheke nicht verfügbar, sollen Apotheker künftig auch vergleichbare Arzneimittel abgeben dürfen. Eventuelle Mehrkosten (Aufschlag) trägt nicht mehr der Versicherte, sondern die Krankenkasse.
  • Mehr Transparenz im Arzneimittelmarkt: Der beim BfArM heute schon stattfindende „Jour Fixe“ wird als „Beirat zu versorgungsrelevanten Lieferengpässen“ gesetzlich verankert. So soll die Versorgungslage mit Medikamenten noch nachhaltiger beobachtet und bewertet werden können. Im Beirat sollen neben einem Patientenvertreter auch Fachgesellschaften der Ärzte, der Apotheker, der Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe und der KBV sitzen. Auch Hersteller, Großhandel sowie Vertreter der Kassen und der Kliniken sollen dem Gremium angehören.

Das Gesetz soll voraussichtlich Ende März/Anfang April 2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht mehr der Zustimmung des Bundesrates. (reh)

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