Aids

HIV-Infizierte kommen oft viel zu spät zum Arzt

Jeder Zweite, bei dem 2013 eine HIV-Infektion diagnostiziert wurde, war ein sogenannter Late Presenter.

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BERLIN. Ärzte stehen bei HIV/Aids vor einem neuen Problem: Zu viele Infizierte lassen sich erst dann testen und behandeln, wenn sie schon klinische Symptome zeigen.

"Late Presenter" werden die HIV-Infizierten genannt, die bei der Erstdiagnose entweder schon Erkrankungen und Symptome aufweisen, die mit HIV assoziiert sind, oder bei denen die Zahl der CD4-Zellen unter 350 pro Mikroliter Blut liegt.

Knapp 3200 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gab es 2013 in Deutschland.

Fast die Hälfte davon, so Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI), sind "Late Presenter" - also Infizierte, die erst dann zum Arzt gehen, wenn sie behandlungsbedürftig sind.

Zwischen Ansteckung und Erstdiagnose liegen damit meistens Jahre, in denen das Virus wahrscheinlich weiter verbreitet wurde. Zudem sind wertvolle Jahre verloren, die für eine effektive antiretrovirale Therapie hätten genutzt werden können.

Wie kann man diese "Late Presenter" dazu bringen, sich früher testen zu lassen? Diese Frage beschäftigte kürzlich Teilnehmer eines Diskussionsforums, die im Rahmen der Aids-Aktionswoche des Vereins "Jugend gegen Aids" zusammengekommen waren.

Der Verein wird unter anderem vom Verband forschender Arzneimittelhersteller unterstützt.

"Es gibt viele Gründe, warum sich jemand nicht testen lässt: Weil er nichts von seiner Krankheit wissen will oder es andere nicht wissen lassen will", sagte Dr. Osamah Hamouda, Leiter der Abteilung Infektionsepidemiologie beim RKI.

Keine Daten zu Bevölkerungsgruppen

Aus welcher Bevölkerungsgruppe die unentdeckten HIV-Infizierten stammen, darüber gibt es keinerlei Daten oder Studien. So blieb den Diskussionsteilnehmern nur darüber zu spekulieren, warum "Late Presenter" sich so lange HIV-Tests verweigern.

"Sicher sind unter ihnen einige, die sich des Risikos einer Infektion gar nicht bewusst sind", so Hamouda. Aber auch die Angst vor einer Stig-matisierung spiele wahrscheinlich eine große Rolle, waren sich die Diskussionsteilnehmer einig.

Sonja Luz von ViiV Healthcare verwies auf eine Umfrage, die 2013 im Auftrag der Münchner Aids-Hilfe unter Passanten vorgenommen wurde und die unter anderem zu dem überraschenden Ergebnis geführt hatte, das junge Leute offenbar schlechter über HIV/Aids informiert sind als die älteren.

Als eine Möglichkeit, die Zahl der unentdeckten Neuinfektionen zu verringern, wurde die Ausweitung der Testangebote angesehen. Diese müssten dann aber, so Dr. Wolfgang Cremer vom Berufsverband der Frauenärzte, nicht nur kostenlos, sondern vor allem auch anonym sein.

Darüber hinaus sahen die Diskussionsteilnehmer auch die Notwendigkeit, Ärzte in Sachen HIV/Aids weiter fortzubilden, damit diese bei ersten Anzeichen einer HIV-Infektion auf Tests hinweisen können.

Die wichtigste Gegenmaßnahme wird aber weiterhin die Prävention sein. "Wir werden es nicht schaffen, dass wir alle Infizierten in den ersten Wochen nach der Anste-ckung testen können - dann, wenn die Infektiosität am höchsten ist", so Hamouda.

"Die Epidemie wird nicht mit Testen und Behandeln zum Stillstand kommen. Prävention ist deshalb am wichtigsten." (juk)

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