Hausärzte und Pädiater streiten um Kinder

Wollen Hausärzte ihre pädiatrischen Kollegen über Hausarztverträge verdrängen? Der Berufsverband der Kinderärzte befürchtet genau das. Hausärzte und AOK Baden-Württemberg halten dagegen.

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Ein Pädiater hört einen kleinen Patienten ab - oder ist es vielleicht doch ein Hausarzt? © emil umdorf / imago

Ein Pädiater hört einen kleinen Patienten ab - oder ist es vielleicht doch ein Hausarzt? © emil umdorf / imago

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BERLIN (dno/eb/dpa). Mehr eigene Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung für ihre eigene Fachgruppe und eine Beschränkung der Verträge der Hausärzte nach Paragraf 73 b auf ein Patientenalter ab 18 Jahren - das fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Vor allem aus Bayern und Baden-Württemberg, wo das Hausarztmodell als erstes eingeführt worden ist, kommen nach Angaben des Verbandes Proteste. "Aus einer vormals gesunden Konkurrenzsituation, könnte ein Monopol für Hausärzte entstehen", befürchtet Bernd Simon, Vorstandsvorsitzender von Paednetz Bayern. "Kinder sind keine kleinen Erwachsenen" warnt er. Langfristig könne dieses Sparmodell auf Kosten der Qualität sogar teurer werden.

"Kinder haben in einem Hausarztvertrag der Allgemeinärzte für Erwachsene nichts zu suchen", findet auch Klaus Rodens, Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (bvkj) in Baden-Württemberg. Patienten der Altersgruppe von 0 bis 18 Jahren gehörten in die Hände von Pädiatern. Im Gegensatz zu Allgemeinmedizinern besäßen diese nämlich eine besondere Qualifikation mit einer mindestens fünfjährigen Weiterbildung. Die Praxen seien kindgerecht ausgestattet und verfügten über ein entsprechendes medizinisches Equipment.

In Bayern gibt es mittlerweile einen Vertrag der AOK mit den Kinderärzten. Die AOK Baden-Württemberg halte dagegen an dem bisherigen Hausarztmodell fest, so die Kinderärzte. Komme das Baden-Württembergische Modell sogar bundesweit zur Anwendung, befürchtet Rudolf von Buttler, Vorstandsvorsitzender, von PädNetz Baden-Württemberg, ein langsames Ausbluten seiner Fachgruppe.Der Hausärzteverband warf den Kinderärzten vor, Eltern und ihre Kinder vor den Karren einer Funktionärskampagne zu spannen. "Hausärzte und Kinderärzte arbeiten in der täglichen Praxis kollegial sehr gut zusammen", sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt.

Auch die Vertragspartner des Hausärztevertrages im Ländle halten die Ängste der Pädiater für überzogen. "Die ärztliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg ist gut und fußt auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Hausärzten", sagte AOK-Vorstandsvorsitzender Dr. Rolf Hoberg laut einer Pressemitteilung. Der Hausarztvertrag ändere am Status Quo der Arbeitsteilung dieser beiden Arztgruppen nicht das Geringste", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Kinderärzte könnten den Anspruch der Alleinzuständigkeit in der Fläche des Landes in Baden-Württemberg nicht einlösen. Auch Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner betonte, die fachübergreifende Zusammenarbeit funktioniere problemlos. Auch Pädiater könnten am Hausarztvertrag in Baden-Württemberg teilnehmen. Dr. Berthold Dietsche, Hausärzte-Chef in Baden-Württemberg sprach sich gegen die Ausgrenzung der Allgemeinärzte aus hausarztzentrierten Verträgen für Kinder bis 18 Jahren, wie sie die Kinderärzte forderten und in Bayern abgeschlossen haben, aus. Eine bundesweite Ausdehnung solcher Verträge "ist für unsere pädiatrischen Patienten nicht akzeptabel", so Dietsche. Gerade die neuen Vorsorgeuntersuchungen U10 und U11 im Grundschulalter seien auch bei Allgemeinärzten gut aufgehoben. Dietsche betonte, "eine besondere Qualifikation der Pädiater für die neuen Vorsorgen im Grundschulalter ist nicht erkennbar". Die Weiterbildung in der Kinderklinik bereite weniger auf hausärztliche und präventivmedizinische Themen als auf fachärztliche Inhalte vor.

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