Hebammen beklagen ruinöse Honorare

Unüberschaubare Planung in der Geburtshilfe, steigende Haftpflichtprämien, zu geringe Honorarpauschalen bei Geburten - bundesweit gingen in vielen Städten Hebammen auf die Straße und machten ihrem Ärger Luft.

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Stress im Kreißsaal: Hebammen müssen mitunter mehrere Frauen parallel betreuen.

Stress im Kreißsaal: Hebammen müssen mitunter mehrere Frauen parallel betreuen.

© Klaus Rose

KASSEL (kaj/dpa). Mit einer Etappen-Demonstration in Kassel haben sich nordhessische Hebammen am Donnerstag für bessere Arbeitsbedingungen und den Erhalt professioneller Geburtshilfe in der Fläche eingesetzt.

Zur Auftakt-Kundgebung am Kasseler ICE-Bahnhof versammelten sich knapp 30 Teilnehmerinnen. Insgesamt rechne sie bei der Aktion zum Internationalen Hebammentag mit bis zu 100 Teilnehmerinnen, erklärte die Vorsitzende des Landesverbandes der Hessischen Hebammen, Gabriele Kopp, am Rande der Demonstration.

Am Bahnhof verteilten die Hebammen Nothilfe-Päckchen an Taxi-Fahrer und Zugreisende. Mit der Aktion wollten sie auf immer weitere Entfernungen aufmerksam machen, die Schwangere für eine Entbindung mit professioneller Hilfe zurücklegen müssten.

Anfahrten bis zu 50 Kilometern seien in Nordhessen nicht mehr ungewöhnlich. Allein in Kassel schließe innerhalb von zehn Jahren die Hälfte der Kreißsäle.

Vor dem Kasseler Diakonissen-Krankenhaus war eine Schweigeminute geplant. Die Hebammen kritisieren, das Krankenhaus im bevölkerungsreichen Kasseler Westen habe erst vor wenigen Jahren mit hohen Landeszuschüssen neue Kreißsäle geschaffen.

Nach der Übernahme der Geburtsklinik Dr. Koch im vergangenen November soll die Geburtshilfe nun im Osten der Stadt konzentriert werden - dort sollen neue Kreißsäle entstehen.

Steuergeld, dass bei solchen Aktionen verschwendet werde, könne man gut gebrauchen, um die teure Haftpflichtversicherung freiberuflicher Hebammen über einen staatlichen Fonds abzusichern, findet Kopp.

Wegen der gestiegenen Prämien hätten allein im vergangenen Jahr 15 Prozent der freiberuflichen Hebammen in Hessen aufgegeben. Die Politik aber schlafe weiter. Für die Bankenrettung sei so viel Geld da, kritisierte die Landesvorsitzende: "Da müssten auch ein paar Millionen für die Geburtshilfe drin sein."

Generell herrscht bei den 17 500 freiberuflichen Hebammen in Deutschland seit geraumer Zeit Aufruhr. Während die Prämien für die Haftpflichtversicherung kräftig gestiegen sind, sind die Honorare insbesondere für die Begleitung von Geburten kärglich geblieben. Bundesweit kam es deshalb am vergangenen Donnerstag zu Protestaktionen in etlichen Städten.

Kritisiert wird vor allem die zu niedrige Geburtenpauschale. Der durchschnittliche Stundenlohn einer Hebamme liege bei rund 7,50 Euro, hat Ursula Fietz vom niedersächsischen Hebammenverband ausgerechnet.

Eine Erhöhung der Geburtspauschale werde es frühestens ab 2012 geben, sagt Florian Lanz vom GKV-Spitzenverband in Berlin. Der Berufsstand der Hebamme sei nicht leicht zu überblicken: "Viele Hebammen arbeiten in Teilzeit oder nebenberuflich und in der Geburtenphase sehr zeitintensiv."

Momentan erstelle das Bundesgesundheitsministerium ein Gutachten zu den Arbeitsbedingungen von Hebammen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse werde dann im Herbst mit den Hebammen verhandelt.

Doch die Hebammen wollen rascher eine höhere Geburtspauschale durchsetzen. "Bessere Arbeitsbedingungen" lautet eine der zentralen Forderungen der Verbände. Denn auch die angestellten Geburtshelferinnen in deutschen Krankenhäusern klagen - zu viele Geburten seien es pro Kopf. "Eine Hebamme muss sich um drei Frauen gleichzeitig kümmern, die in den Wehen liegen", sagt Fietz vom Hebammenverband.

Dafür sehen sich die Kassen nicht in der Verantwortung und verweisen wie Hanno Kummer vom vdek Niedersachsen auf das INEK, das Institut, das auch die DRGs ermittelt.

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