Fachkräftemangel
Henke fordert kluge Reformen gegen Personalnot
Ohne einen Systemwechsel wird es nicht gelingen, genügend Fachkräfte für die Patientenversorgung zu gewinnen, warnt ÄKNo-Kammerpräsident Rudolf Henke. Er wirbt für eine patientengerechte Personalbemessung.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels müssen die kommenden Jahre zur Zeit der Reformen werden, fordert der Präsident der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) Rudolf Henke. Das gelte sowohl für den Krankenhausbereich als auch für die Notfallversorgung und die ambulante Versorgung, sagte Henke auf der Kammerversammlung in Düsseldorf.
„Wenn jetzt keine klugen Reformen auf den Weg gebracht werden, kommen wir aus der Dauerschleife von Personalmangel, geschlossenen Stationen, Klinikschließungen, Demotivation des medizinischen Personals in Kliniken und wachsender Patientenunzufriedenheit nicht heraus.“
Henke verwies auf eine Studie der Unternehmensberatung PwC, nach der im Jahr 2035 voraussichtlich 1,8 Millionen offene Stellen wegen des Mangels an qualifiziertem Personal voraussichtlich nicht mehr besetzt werden können. Das würde einem Stellenengpass von 35 Prozent entsprechen – 35 Prozent der Stellen könnten also nicht besetzt werden.
Steigende Arbeitsbelastung für eine alternde Belegschaft
„Es gehört nicht viel Fantasie dazu sich auszumalen, was Personalengpässe von 35 Prozent für Auswirkungen auf unsere Patientenversorgung in einer Gesellschaft des langen Lebens haben werden“, betonte Henke. Hinzu komme der zunehmende Trend zur Teilzeitbeschäftigung in Kliniken und Praxen.
Gleichzeitig wirke sich der demografische Wandel auch in den Gesundheitsberufen aus. Einer alternden Belegschaft stehe eine steigende Arbeitsbelastung gegenüber. „Darauf muss sich die Gesundheitspolitik einstellen und die Arbeitsbedingungen endlich so gestalten, dass Gesundheitsfachkräfte in der Lage sind, motiviert bis zur Rente und in Vollzeit in ihrem Beruf zu arbeiten.“
Patientengerechte Personalbemessung macht Kliniken konkurrenzfähig
Der ÄKNo-Präsident warb für eine patientengerechte Personalbemessung, wie sie die Bundesärztekammer entwickelt hat. „Bei dem Kalkulationssystem geht es explizit nicht um Mindestvorgaben, sondern um eine valide Berechnung für eine patienten- und aufgabengerechte ärztliche Personalausstattung“, erläuterte er. Nur mit ihr werde das Krankenhaus mit den vielen anderen Arbeitsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte bei zunehmendem Fachkräftemangel konkurrieren können.
Der Kampf um qualifiziertes Personal aus dem Ausland sei auch angesichts der unschönen Konsequenzen der Abwerbung für die Herkunftsländer kein Lösungsweg, betonte Henke. „Ich finde, wir müssen alles dafür tun, unseren Nachwuchs selbst und vor allem gut auszubilden.“
Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander
Mit Blick auf die Prognose von PwC blieben 15 Jahre, um das Gesundheitssystem für eine bedarfsgerechte Versorgung umzugestalten. So ein Systemwechsel werde nicht gelingen, wenn schon zum Start die im System tätigen Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. „Vielmehr muss es doch darum gehen, dass wir die Stärken der einzelnen Berufsgruppen analysieren und schauen, wie wir gemeinsam, vernetzt und durch eine smarte Digitalisierung unterstützt, unsere Patientenversorgung der Zukunft gestalten“, sagte Henke.
Richtig und konsequent eingesetzt könnten digitale Technologien einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des Personals leisten und die Versorgungsqualität erhöhen. Dafür brauche es aber eine andere, eine echte digitale Neuausrichtung. „Bislang mussten wir leider feststellen, dass digitale Technologien ganz überwiegend zur Administration eingesetzt wurden, aber keinen wirklichen Benefit für die Patientenversorgung gebracht haben.“