Herzkranke Patienten - im ambulanten Netz versorgt

Der neue Kardiologenvertrag in Baden-Württemberg von AOK und Ärzteverbänden hat mehrere Ziele: Er soll die Vernetzung niedergelassener Ärzte untereinander verbessern, für eine höhere Vergütung sorgen und zudem helfen, Klinikeinweisungen zu vermeiden.

Von Volker Rothfuss Veröffentlicht:
Die Vertragspartner sehen sich als Impulsgeber.

Die Vertragspartner sehen sich als Impulsgeber.

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STUTTGART. Für die Vertragspartner liegt mit dem neuen Selektivvertrag ein Musterstück auf dem Tisch: "Anbieten ließen sich Hausarzt- und Kardiologen-Vertrag schon heute in ganz Deutschland", sagt Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner.

Was mit dem AOK-Hausarztvertrag 2008 begonnen wurde, wollen AOK, Medi-Verbund und Bundesverband Niedergelassener Kardiologen mit dem Kardiologen-Vertrag für Baden-Württemberg fortsetzen (wir berichteten). Etwa 350 Kardiologen und Fachinternisten erhalten in diesen Tagen die Einschreibeunterlagen samt Vertrag.

Im Südwesten wird etwa jeder zehnte AOK-Patient, der im Hausarztvertrag eingeschrieben ist, im Laufe eines Jahres auch bei einem Kardiologen vorstellig. Nicht wenige von ihnen werden in Kliniken eingewiesen, dort behandelt und nach Hause entlassen. Schon nach kurzer Zeit landen sie nicht selten wieder in der Klinik.

"Wir wollen weg von diesem Drehtür-Effekt", sagt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen. Für die AOK schätzt Vorstandsvize Dr. Christopher Hermann, dass "etwa 150 Millionen Euro pro Jahr für leichte Behandlungsfälle in den stationären Bereich fließen". Diese Patienten sollen künftig vorrangig ambulant versorgt werden. Hierzu soll der Selektivvertrag nach Paragraf   73   c SGB V die Voraussetzungen schaffen.

Im Mittelpunkt steht der Gedanke der Vernetzung. Vorgesehen ist folgendes: Der Hausarzt überweist den Patienten an den Kardiologen oder erteilt ihm Auftragsleistungen. Über das gemeinsame IT-Netz stehen den Behandlern die Vorgeschichte des Patienten sowie die vorhandenen Unterlagen per Mausklick zur Verfügung. Doch dies ist beim Kardiologenvertrag - noch - Zukunftsmusik.

Nicht von ungefähr verlangen die Vertragspartner von teilnehmenden Hausärzten und Kardiologen eine bestimmte IT-Ausstattung sowie eine ISDN- und DSL-Anbindung. "Die Verpflichtung zur IT-Vernetzung", sagt Smetak, "ist wesentlicher Bestandteil des Vertrags". Werden Daten schnell bereitgestellt, erleichtert dies Diagnostik und Therapie. Außerdem erhöht sich die Chance, dass der Patient in der ambulanten Therapie bleibt.

Dazu bedarf es einer leistungsfähigen Software für den Datenfluss zwischen Haus- und Facharzt. Da in den Praxen heute viele unterschiedliche Plattformen installiert sind, gilt es, diese Programmvielfalt zu harmonisieren. Daran, so Medi-Chef Baumgärtner, "arbeiten wir noch". Den AOK-Versicherten soll das neue Angebot auch durch besseren Service als in der Regelversorgung schmackhaft gemacht werden. Für Teilnehmer soll sich die Wartezeit für einen Facharzttermin auf maximal zwei Wochen beschränken.

Weiteres Versprechen: Der Patient muss bei einem vereinbarten Termin nicht länger als 30 Minuten warten. Die Praxisgebühr aber müssen Kardiologen auch bei eingeschriebenen AOK-Versicherten kassieren.

Vergütung ohne Deckel

Als Teilnehmer am Vollversorgungsvertrag in Baden-Württemberg soll der Kardiologe keine "Budgetierungs-Katastrophen wie im KV-System" erleben, sagt Dr. Rolf Hoberg, AOK-Chef in Baden-Württemberg. Fallzahlbegrenzung oder Abstaffelung soll es im Selektivvertrag nicht geben. Keine Pauschale ist gedeckelt. Das wird, so BNK-Vorsitzender Dr. Norbert Smetak, "besonders die jungen Kollegen begeistern, die ihre Arbeit fachlich strukturiert tun wollen."

Ein wesentlicher Teil der Vergütung ist in Pauschalen zusammengefasst, die sich in eine Grundpauschale pro Quartal (P1 = 32 Euro), in vier befundabhängige Zusatzpauschalen und in ein Honorar für zusätzliche Arzt-Patienten-Kontakte bei Schwerkranken auffächern. Hinzu kommen zehn Vergütungspositionen für Einzelleistungen, die von der Schrittmacher-Nachsorge (15 Euro) bis zur perkutanen Koronarintervention (3450,20 Euro) reichen. Abgewickelt wird die Abrechnung über die Managementgesellschaft Mediverbund Dienstleistungs GmbH.

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