Kommentar zur Bundes-Notbremse

IfSG-Debatte im Bundestag: Eine Enttäuschung mit Ansage

Die Entscheidung des Bundestags für die Bundes-Notbremse war ganz sicher keine Sternstunde des Parlaments.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Ich werde jedenfalls nicht zuschauen, dass wir 100.000 Infizierte haben“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem viel beachteten Auftritt vor knapp vier Wochen in der Fernsehsendung „Anne Will“. Sie reagierte damit auf die kurz zuvor geäußerte düstere Prognose von RKI-Chef Professor Lothar H. Wieler.

Merkels Ärger hatte einen klaren Adressaten: Die Länder, die sich nicht an die Beschlüsse hielten, die in nächtlichen Runden mit ihr und dem Kanzleramt ausgehandelt wurden. Ihre Ankündigung: Verbindlichkeit über eine bundeseinheitliche Regelung herstellen. Ihr Instrument: das Infektionsschutzgesetz, kurz IfSG.

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Der richtige Ort für die Debatte

Was die einen als Affront gegen die Länder und damit auch gegen Teile ihrer eigenen Partei werteten, war zugleich die indirekte Einladung an die über 700 Mitglieder des Deutschen Bundestags, eine aktive Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie einzunehmen.

Für die Göring-Eckardts, Bartschs, Lindners und alle anderen also eine gute Gelegenheit, ihrer wichtigen Rolle als Opposition gerecht zu werden durch die Rückverlagerung politischer Entscheidungskompetenz ins Parlament. Die Meinungsbildung soll dort stattfinden, wo sie hingehört, in den Bundestag und Bundesrat. Alles richtig, wenn es um Grundsätzliches geht, wie die Diskussion um die Einschränkung freiheitlicher Grundrechte. Das will wohl abgewogen sein.

Bei solchen Debatten wird nicht selten von „Sternstunden“ des deutschen Parlamentarismus gesprochen. Das trifft es in diesem Fall auch dann nicht, wenn’s um nächtliche Ausgangssperren geht: von 21 auf 22 Uhr verlegt, und für Jogger bis 24 Uhr, ebenfalls für bereits zweimal Geimpfte etc. Schließlich die Frage: „Ist das auch 100 Prozent rechtssicher?“

Einfach mal die Evidenz befragen

Was für ein Blödsinn! Nein, rechtssicher ist hier nichts, weil Gerichte auch diese und andere Regelungen wieder kippen können. Genauso, wie Gerichte den Gesetzgeber in seiner Auffassung werden bestätigen können.

Wenn es dazu die öffentliche Debatte im Bundestag gebraucht hat, war das eine Enttäuschung mit Ansage. Sind‘s denn wenigstens die Inhalte, die zu neuen, frischen und schlaueren Ideen zur Bekämpfung der Pandemie geführt haben? Auch danach muss man lange suchen.

Vielleicht hat sich am Ende die Opposition doch selbst überschätzt, in dem sie uns glauben machen wollte: „Wir machen’s besser als die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten.“ Es gibt immer noch die Chance, auf das zu schauen, was wirkt und an nachweisbarem Wissen gesammelt worden ist. Hier kann die Wissenschaft wirklich helfen, entscheiden muss die Politik.

Schreiben Sie dem Autor: vdb@springer.com

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