Geriatrie

Interdisziplinärer Ansatz zahlt sich aus

Im Gütersloher Zentrum für Altersmedizin werden gerontopsychiatrisch und somatisch erkrankte Patienten interdisziplinär behandelt. Eine anstrengende, aber auch sehr lohnende Arbeit, finden die beteiligten Akteure.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Die Patienten im Zentrum für Altersmedizin profitieren von der fachübergreifenden Zusammenarbeit.

Die Patienten im Zentrum für Altersmedizin profitieren von der fachübergreifenden Zusammenarbeit.

© Popov / Fotolia.com

ESSEN. Der Aufbau eines interdisziplinären Zentrums für Altersmedizin in einer psychiatrischen Klinik kann dazu beitragen, die Versorgung der älteren Patienten deutlich zu verbessern. Das gilt nicht nur für die Patienten in der Klinik selbst: Wie das Beispiel Gütersloh zeigt, hat ein solches Zentrum auch Strahlkraft für die gesamte Region.

Am Klinikum des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) in Gütersloh ist im Jahr 2005 ein Zentrum für Altersmedizin gegründet worden, in dem sowohl psychisch als auch somatisch erkrankte ältere Patienten interdisziplinär behandelt werden. Seit den 60er Jahren umfasst das LWL-Klinikum neben den psychiatrischen Kliniken auch Kliniken für Innere Medizin/Geriatrie und für Neurologie. "Davon profitieren wir heute noch", sagte Bernd Meißnest, Ärztlicher Leiter des Zentrums und Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie, beim XIII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie in Essen.

Interdisziplinäre Weiterbildung

Ein wichtiger Baustein der fachübergreifenden Zusammenarbeit im Zentrum ist die zentrale Patientenaufnahme. "Es ist ein Schatz, dass gerontopsychiatrische Patienten dort auch somatisch untersucht werden", berichtete Meißnest. Sehr bewährt habe sich die interdisziplinäre Weiterbildungs-Befugnis. Die Behandlungspalette hat sich erweitert und umfasst inzwischen auch tagesklinische und ambulante Angebote sowie gerontopsychiatrische Konsiliardienste innerhalb des LWL-Klinikums und für die somatischen Abteilungen von Krankenhäusern in der Region. Tandems aus Ärzten und Nicht-Ärzten suchen zudem die Patienten auf Wunsch zu Hause auf.

Der interdisziplinäre Ansatz des Zentrums hat sich breit herumgesprochen, berichtete der Leiter. "Wir bekommen inzwischen viele Behandlungsaufträge, die wir nicht erfüllen können."

Das Konzept des interdisziplinären Zentrums für Altersmedizin sei lohnend, verlange den Beteiligten aber auch viel ab, sagte er. "Es bedarf je nach Kooperationspartner einer sehr kreativen Vorgehensweise." Jeder müsse den eigenen Teilbereich immer wieder verlassen und von außen betrachten. Eine Schwierigkeit besteht nach Angaben Meißnests auch darin, dass ein interdisziplinäres Konzept nicht zu den aktuellen Finanzierungssystemen passt.

Um die Versorgung von Patienten mit Demenz in der Akutklinik zu verbessern, haben das LWL-Klinikum und das Klinikum Gütersloh als Pilotprojekt gemeinsam die Stelle eines Demenz-Koordinators entwickelt. Sie wird von der Bürgerstiftung Gütersloh finanziert. Zu seiner Tätigkeit gehören die Identifikation von Menschen mit Demenz und die Ermittlung ihres besonderen Versorgungsbedarfs sowie die Beratung von Angehörigen, berichtete Demenz-Koordinator Benjamin Volmar, der ein Studium in psychiatrischer Pflege absolviert hat.

Alle Berufsgruppen werden geschult

Er arbeitet viel mit Assessments, um eine soziale, biografische, pflegerische und medizinische Anamnese der Demenzkranken erstellen zu können. "Ich selbst kann keine Diagnose stellen, sondern nur auf bestimmte Dinge hinweisen", betonte er. Ein wichtiger Teil seiner Arbeit ist die Schulung von Mitarbeitern aller Berufsgruppen. Zudem unterstützt Volmar die Klinik dabei, sich besser auf den Umgang mit Demenzpatienten einzustellen, etwa durch die Installation von demenzfreundlichen Orientierungshilfen wie Kalender, Uhren oder Hörverstärker. Eine weitere Aufgabe ist die Vernetzung der internen und externen Versorgungsangebote.

Der Einsatz des Demenz-Koordinators soll von bisher acht Stationen auf die gesamte Klinik ausgedehnt werden. Seine Stelle wird 2018 in die Regelversorgung überführt. "Unser Ziel ist es, Alltagspräsenz zu zeigen, denn nur so kann ein solches Konzept umgesetzt werden", betonte Volmar.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gesetzliche Krankenkassen

Streit um GKV-Sparpaket: Bundesregierung bietet Kompromiss an

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Eszopiclon verbesserte signi?kant beide polysomnographisch bestimmten primären Endpunkte: Schla?atenz (a) und Schlafe?zienz (b)bei älteren Patienten mit chronischer primärer Insomnie (jeweils p0,05)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziet nach [20]

Behandlungsbedürftige Schlafstörungen bei älteren Menschen

Schlafstörungen können typische Altersprozesse triggern und verstärken

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: HENNIG Arzneimittel GmbH & Co. KG, Flörsheim
Mehr als Schutz für die Atemwege

© Springer Medizin Verlag GmbH

Influenza-Impfung

Mehr als Schutz für die Atemwege

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Prof. Dr. Sylvia Kotterba

© [M] Privat; dule964 / Fotolia; alice_photo / Fotolia

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Krankhaft müde: Welche Folgen kann das für Betroffene haben?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Jazz Pharmaceuticals Germany GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein älterer Herr, der einen medizinischen Fragebogen ausfüllt.

© buritora / stock.adobe.com

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Eine Ärztin hält einen Reagenzstreifen zur Analyse einer Urinprobe in der Hand.

© H_Ko / stock.adobe.com

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?