Kassen machen Druck

Kampfzone Morbi-RSA

"Erhöhtes Insolvenzrisiko" oder prima Detailregelung? Die Regierung dreht versteckt im Transplantationsregistergesetz am Finanzausgleich der Kassen und löst hektisches Lobbying aus.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
"Neue Insolvenzrisiken" fürchten einzelne Kassen durch die neuen Regeln für den internen Finanzausgleich, andere begrüßen die Neujustierung.

"Neue Insolvenzrisiken" fürchten einzelne Kassen durch die neuen Regeln für den internen Finanzausgleich, andere begrüßen die Neujustierung.

© R. Schlesinger / dpa

BERLIN. Der Kampf um Änderungen im Finanzausgleich der Krankenkassen ist am Mittwoch im Bundestag fortgesetzt worden. Anlässlich der Anhörung im Gesundheitsausschuss zum Transplantationsregister präsentierten die Kassenverbände ihre gegenläufigen Stellungnahmen.

Union und SPD möchten drei Änderungsanträge an das Gesetz anhängen. Einer von ihnen sieht vor, den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) rückwirkend für das Jahr 2013 geändert werden. Dabei geht es um einen in der GKV-Finanzreform aus dem Jahr 2014 enthaltenen Passus.

Dieser regelt die Berechnung der Zuweisungen an die Kassen im Hinblick auf Krankengeld und Auslandsversicherte. Es geht um viel Geld, entsprechend verbissen streiten die Kassen. Die Koalitionsfraktionen argumentieren, die rückwirkende Änderung des Finanzausgleichs sei kein Problem: Kassen als Körperschaften öffentlichen Rechts könnten sich nicht auf den grundrechtlich verbürgten Vertrauensschutz berufen.

Das sieht der AOK-Bundesverband völlig anders: "Gesetze, die eine echte Rückwirkung auslösen, sind grundsätzlich verfassungswidrig", heißt es in der Stellungnahme. Schon weil Kassen untereinander im Wettbewerb stehen, sei ein "hohes Maß an Verlässlichkeit und Planungssicherheit" nötig.

Besonders betroffen durch die geplante Rechtsänderung wäre die AOK Rheinland-Hamburg. Sie versichert aus historischen Gründenrund jeden vierten im Ausland lebende GKV-Angehörigen.

"Existenzbedrohend"

Die rückwirkende Umverteilung hätte Kürzungen der Zuweisungen in Höhe von 157 Millionen Euro zur Folge, so die Kasse. Das wäre "existenzbedrohend", heißt es. Die AOK Rheinland-Hamburg hat mit 16,0 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Beitragssatz.

Der IKK-Verband befürwortet zwar die Klarstellung im konkreten Fall, weil so "Rückstellungen in beitragssatzrelevanter Höhe" vermieden werden könnten. Den Berechnungsmodus für Auslandsversicherte hält der IKK-Verband aber für falsch.

Dass die Regierung - in einem weiteren Änderungsantrag - künftig jederzeit in das Verfahren des RSA eingreifen will, wertet der IKK-Verband als fatal.

Darin werde eine deutliche "Abkehr vom Bild des eigenverantwortlich handelnden Sozialversicherers Krankenkasse" deutlich. Er sei "erstaunt, dass der Versichertengemeinschaft hier ein Grundrecht aberkannt werden soll, dass für den einzelnen Versicherten ganz selbstverständlich gilt", sagt etwa Roland Engehausen, Vorstand der IKK Südwest.

Das sieht der BKK-Dachverband anders und begrüßt den rückwirkenden Eingriff in den Finanzausgleich ebenso wie die Möglichkeit des Gesetzgebers, "unterjährig" in den RSA einzugreifen.

Ganz anders der AOK-Bundesverband: Bisher müssten Berechnungsdetails im RSA bis zum 30. September eines Jahres geklärt sein, damit Kassen anschließend auf dieser Basis ihre Haushalte planen können. Die Regierung riskiere, "neue Insolvenzrisiken in der GKV auszulösen", moniert der AOK-Verband.

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