Missstände angeprangert

Kassen wollen Kliniken zusperren

Aus für so manches Krankenhaus - das fordert der GKV-Spitzenverband. Vor allem viele kleine Häuser in Ballungszentren sind den Kassen ein Dorn im Auge. Die Krankenhausgesellschaft reagiert empört.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Ruine auf dem Gelände des Kinderkrankenhauses in Berlin-Alt-Hohenschönhausen.

Ruine auf dem Gelände des Kinderkrankenhauses in Berlin-Alt-Hohenschönhausen.

© Imago Caro Berlin

BERLIN. Investitionsstau bei der Finanzierung, Mengenausweitungen bei Operationen, teilweise mangelnde Qualität: Der GKV-Spitzenverband sieht viele Missstände in der Krankenhauslandschaft.

Eine Reform der Krankenhauslandschaft sei daher längst "überfällig", sagte Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, am Mittwoch in Berlin.

Geht es nach den Wünschen der Kassen, müssten einige Krankenhäuser sogar geschlossen werden: "Dabei geht es weniger um Kliniken auf dem Land, sondern viel mehr um die Vielzahl kleiner Häuser in den Ballungszentren", sagte von Stackelberg.

Umstrukturierungshilfen für Krankenhäuser, die für eine gute Versorgung nicht mehr notwendig seien, dürften kein Tabu sein.

Vergleiche man zum Beispiel Nordrhein-Westfalen mit den Niederlanden, werde das Problem der Überkapazität deutlich: In den Niederlanden gebe es 100 Krankenhäuser, allein im größten deutschen Bundesland seien es hingegen fast 400 Häuser.

Kassen wollen Direktverträge mit Kliniken schließen

Auch die Krankenhäuser mit schlechter Qualität sollten vom Markt verschwinden, heißt es in einem Positionspapier des Verbandes. Für planbare stationäre Leistungen sollten insbesondere in Ballungsräumen ein Ausschreibungsmodell Anreize setzen, die Versorgungsqualität zu erhöhen.

Qualität, Menge und Preis sollten ein verpflichtender Bestandteil der Ausschreibung sein, forderte von Stackelberg. Auf diese Weise käme es erstmalig zu einer umfassenden Verbindung von Qualität und Vergütung.

Die Krankenhausfinanzierung müsse zudem neu geordnet werden: Die Investitionsfinanzierung der Länder gingen gegen Null, so von Stackelberg.

Im Jahr 2012 gab es laut GKV-Spitzenverband insgesamt 2017 Krankenhäuser mit 501.489 Betten. Wie viele der Häuser aus seiner Sicht genau geschlossen werden sollten, wollte von Stackelberg auf Rückfrage nicht beziffern.

Ein weiterer Missstand aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes: Es gebe auch immer mehr Operationen - nur ein Drittel der Steigerung sei aber darauf zurückzuführen, dass es immer mehr Ältere gebe und dass die Krankheitslast steige.

Überhöhte Preise seien der wahre Grund, so von Stackelberg. Je höher der Preis, desto höher der Anreiz, aus wirtschaftlichen Gründen medizinisch zweifelhafte Eingriffe vorzunehmen. Ein "fairer" Preis könne die überhitzte Mengenentwicklung vermeiden.

"Für Versicherte muss klar sein: Als Patient werde ich nur operiert, wenn dies medizinisch indiziert ist", sagte von Stackelberg.

"Der Versicherte steht derzeit nicht mehr im Mittelpunkt der Versorgung. Stattdessen wird die Krankenhausgesetzgebung von arbeitsmarkt-, industrie- und standespolitischen Einzelinteressen dominiert. Das muss sich ändern", forderte von Stackelberg.

DKG: Medizinische Versorgung würde verschlechtert

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte den Vorstoß des Spitzenverbandes der Kassen scharf.

"Die Vorschläge der Krankenkassen würden die Möglichkeiten der Krankenhäuser zur medizinischen Versorgung der Patienten verschlechtern, noch mehr Krankenhäuser in die roten Zahlen treiben und den Rationalisierungsdruck zu Lasten der Beschäftigten in den Krankenhäusern weiter erhöhen", konterte der Hauptgeschäftsführer der DKG, Georg Baum.

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