Kassen wollen bei Zahnärzten nachbohren

Plombe, Brücke, Prothese: Der GKV-Spitzenverband will Zahnarzt-Rechnungen stärker kontrollieren - sogar diejenigen, die der Patient privat bezahlt. Von dieser Vormundschaft halten die Zahnärzte wenig.

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Beim Zahnersatz beansprucht die GKV die Vormundschaft.

Beim Zahnersatz beansprucht die GKV die Vormundschaft.

© Felix Jason / imago

BERLIN (HL). Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat unmittelbar vor Ostern beschlossen, Gestaltungsspielraum auch für solche zahnmedizinischen Leistungen zu beanspruchen, die nicht Gegenstand des GKV-Leistungskatalogs sind und die dementsprechend nicht von Kassen, sondern von den Patienten selbst getragen werden.

Bis 2005 hatten Kassenpatienten nur Anspruch auf eine einheitlich definierte GKV-Billigleistung. Es gab keine Wahlmöglichkeit. Das änderte sich durch das Festzuschuss-System. Der Patient kann individuell mit seinem Zahnarzt Leistungen vereinbaren.

Honorare und Technikanteile, die über dem Festzuschuss liegen, werden nach der Gebührenordnung für Zahnärzte und nicht nach dem Kassen-Bema individuell mit den Patienten abgerechnet.

GKV-Spitzenverband: "Aushöhlung des bewährten Sachleistungssystems"

Dieser Machtverlust schmerzt die gesetzlichen Kassen. Inzwischen werden laut GKV-Spitzenverband rund 75 Prozent der Zahnersatzleistungen privat finanziert.

Das Ergebnis laut GKV-Spitzenverband: "Eine sozial unausgewogene, deutliche Mehrbelastung der GKV-Versicherten und eine Aushöhlung des bewährten Sachleistungssystems."

Deshalb fordert der GKV-Spitzenverband eine gesetzliche Grundlage, in Verträgen mit Zahnärzten Höchstsätze für zahnärztliche Leistungen nach der GOZ auszuhandeln.

Ferner beklagt der GKV-Spitzenverband, dass er keine Leistungs- und Qualitätstransparenz erhält. Das gelte sowohl für Leistungen, die über die KZV wie auch individuell zwischen Zahnärzten und Patienten abgerechnet werden.

Allerdings: Für Zahnersatzleistungen existiert eine Garantiefrist von zwei Jahren. Manche Zahnärzte gehen in individuellen Verträge auch über die gesetzliche Frist hinaus, so die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) zur "Ärzte Zeitung".

Zahnärzte kontra Machtanspruch der GKV

Der Vorstoß des GKV-Spitzenverbandes stößt bei Bundeszahnärztekammer und KZBV auf Ablehnung.

Der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz sagte: "Die Kassen haben ihre Ausgaben für zahnmedizinische Betreuung ihrer Versicherten über Jahre immer weiter zurückgefahren. Jetzt wollen sie ihre Leistungsschwäche kompensieren, indem sie Behandlungen kontrollieren, die sie gar nicht bezahlen."

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, sagte, es sei die Entscheidung des Gesetzgebers gewesen, Patienten in die Kostenstruktur der Behandlung einzubinden.

Die Selbstbeteiligung führe häufig zu Nachfragen auch bei Unabhängigen Patientenberatung. Dies geschehe aber nicht häufiger als bei Ärzten.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Nach dem IGeL nun das Gebiss?

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