Ethik und Ökonomie

Keine unvereinbaren Gegenpole

Ethische Werte sollten integraler Teil des Klinikmanagements sein, forderten Experten beim Bayerischen Gesundheitsforum.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Darf man mit der Heilung von Menschen Geld verdienen? Ja, sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer.

Aber, fügt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hinzu, Menschen zu helfen sei etwas ganz Besonderes.

Deshalb gelte es eine Balance zu finden zwischen der Ökonomie und der besonderen ethischen Verantwortung, die sich aus der Beziehung zum Patienten ergibt.

Größtmögliches Ausmaß an Gesundheit

Ethik und Ökonomie seien keine unvereinbaren Gegenpole, betonte der Medizinethiker Professor Georg Marckmann von der Universität München beim 12. Bayerischen Gesundheitsforum im Kloster Andechs.

Nicht nur unter ökonomischen, sondern auch unter ethischen Gesichtspunkten sei es geboten, ein bestimmtes Behandlungsziel bei einem Patienten mit möglichst wenig diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu erreichen.

Nach dem ethischen Prinzip der Nutzenmaximierung sollten begrenzt verfügbare Ressourcen so eingesetzt werden, dass das größtmögliche Ausmaß an Gesundheit resultiert, erläuterte Marckmann.

Allerdings schlage sich der zunehmende Kostendruck in den Krankenhäusern einerseits in medizinisch teilweise nicht mehr indizierten Leistungsausweitungen und andererseits in unkontrollierten Leistungseinschränkungen nieder, erklärte Marckmann.

Dieser zunehmenden Ökonomisierung "mehr Ethik" entgegenzusetzen, scheine wenig aussichtsreich. Stattdessen sollten ethische Werte integraler Bestandteil des Krankenhausmanagements mit normativen Vorgaben etwa in einem Leitbild sein.

Durch regelmäßige Mitarbeiterbefragungen könnte die Einhaltung des Leitbildes abgesichert werden, meinte Marckmann.

Medizin nicht zum Gewerbe herabstufen

Die Gesellschaft befinde sich in einer Situation, in der die Werte, die ärztliches Handeln bestimmen, immer mehr marktwirtschaftlichen Zielen unterstellt werden, bedauerte der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer Dr. Max Kaplan.

Es bestehe die Gefahr, dass die Industrialisierung der Medizin und die Fremdbestimmung des Arztes die Gesundheit der Bürger bedroht.

Die Ärzteschaft werde es deshalb nicht zulassen, dass die Medizin zum Gewerbe herabgestuft werde, sondern weiterhin eine soziale Form der Zuwendung bleibe, erklärte Kaplan.

Der zentrale Bereich jeder ärztlichen Behandlung sei nach wie vor das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis.

Empathie, Altruismus und Philanthropie als Werte ärztlichen Handelns müssten wieder im Vordergrund stehen, sagte Kaplan. Ausschließlich ökonomische Anreize seien fatal.

Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen