Trendwende oder Streufeuer?

Kleiner Babyboom und mehr Hochzeiten

In Deutschland kommen wieder mehr Kinder zur Welt. Ein Grund zur Freude? Das Geburtendefizit wird noch längst nicht ausgeglichen – dafür müssten Hunderttausende zuwandern.

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In Deutschland bekommt eine Frau inzwischen 1,48 Kinder im Durchschnitt. Doch das heißt nicht, dass das Geburtendefizit dadurch ausgeglichen wird.

In Deutschland bekommt eine Frau inzwischen 1,48 Kinder im Durchschnitt. Doch das heißt nicht, dass das Geburtendefizit dadurch ausgeglichen wird.

© tan4ikk / Fotolia

WIESBADEN. Ein kleiner Babyboom und mehr Hochzeiten: Wird Familie in Deutschland wieder groß geschrieben?

"Es deutet sich eine Trendwende an", sagt Jürgen Dorbritz vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Rund 738.000 Jungen und Mädchen wurden 2015 in Deutschland geboren.

Mehr waren es nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zuletzt vor 15 Jahren. Etwa 400 000 Paare gaben sich das Ja-Wort, ein Rekord seit 2000.

"Doppeleffekt" bei Geburten

Dorbritz erklärt das Plus bei den Geburten mit einem "Doppeleffekt": So sei die Geburtenziffer von 1,39 pro Frau (2011) auf 1,48 (2014) gestiegen und werde 2015 voraussichtlich noch leicht darüber liegen.

Zugleich gebe es mehr Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren- also potenzielle Mütter. Dies erkläre auch die Zunahme der Eheschließungen.

Der Soziologe Harald Rost von der Universität Bamberg gibt jedoch zu Bedenken: Viele Menschen wollten nach langer Ausbildung erst einmal den beruflichen Einstieg finden und eine ausreichend große Wohnung haben. Die Fruchtbarkeit nehme mit 30 Jahren aber allmählich ab, und statt der gewünschten zwei bis drei Kinder kämen dann oft nur ein bis zwei.

Mangelnde Familienfreundlichkeit und fehlende steuerliche Anreize?

"Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nach wie vor schwierig", nennt Rost einen anderen Grund. "Deutschland könnte familienfreundlicher sein." In Frankreich etwa gebe es seit vielen Jahren große steuerpolitische Anreize für das dritte Kind.

Der kleine Babyboom wird am demografischen Trend kaum etwas ändern: 925.000 Menschen starben 2015, das waren 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie seit 1986 nicht mehr. Dorbritz: "Die Kluft zwischen Sterbefällen und Geburten wird sich nicht schließen, sondern eher noch größer werden."

Mindestens 300.000 Menschen müssten zuwandern, um das Geburtendefizit auszugleichen. (dpa)

Lesen Sie dazu auch: Angebot für Schwangere: Neuer Vertrag soll Frühgeburtenzahl senken

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