Kliniken wollen nicht mehr Sparschweine sein

Krankenhäuser stimmen ein Klagelied an: Sie leiden ganz besonders unter der Kostendämpfungspolitik der schwarz-gelben Koalition. Und gespart werde ohne Not: Denn das Gesundheitssystem sei vollgepumpt mit Geld.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Morbide Krankenhäuser: Modernisierungsrückstand und Kostendruck bringen viele Kliniken in die Bredouille.

Morbide Krankenhäuser: Modernisierungsrückstand und Kostendruck bringen viele Kliniken in die Bredouille.

© imago

BERLIN. Krankenhäuser sehen sich durch die aktuelle Gesetzgebung der schwarz-gelben Koalition stark benachteiligt. Ärzte und Pflegekräfte in Kliniken behandelten inzwischen 18 Millionen Patienten jedes Jahr - "unter qualitativ sehr guten Bedingungen".

Statt jedoch die Leistung zu loben, sattele die Koalition immer noch mehr drauf, so das Klagelied aus Klinikkreisen. "Das ganze System saugt sich voll und die Kliniken bluten", schimpft DKG-Geschäftsführer Georg Baum.

Kliniken leiden unter Kostendämpfungspolitik

Die Taschen der Kassen seien jedenfalls zur Zeit prall gefüllt: Sie haben das erste Halbjahr 2011 mit 2,417 Milliarden Euro im Plus abgeschlossen.

Experten gehen zudem in ihren Prognosen davon aus, dass der Gesundheitsfonds in diesem Jahr über eine Reserve von 6,9 Milliarden Euro verfügen wird.

Denn - und das ist aus Sicht der Krankenhäuser ungerecht - Kliniken litten nach wie vor unter der Kostendämpfungspolitik von Ex-Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), heißt es aus Klinikkreisen. Durch das Anfang des Jahres in Kraft getretene GKV-Finanzierungsgesetz dürfen die Preise für Klinikleistungen nur um das halbe Grundlohnwachstum steigen.

Gesetzlicher Abschlag von 30 Prozent für Mehrleistungen

Für Mehrleistungen (im Vergleich zum Vorjahr) müssen die Kliniken 2011 einen gesetzlichen Abschlag von 30 Prozent hinnehmen; der Abschlag für diese Mehrleistungen muss für das Jahr 2012 zwischen Kliniken und Kassen verhandelt werden. Das heißt: Auch im nächsten Jahr erhalten die Krankenhäuser nicht den vollen Preis. Sie fordern, dass diese Kostendämpfungseinschnitte revidiert werden.

Geklagt wird auch über das im Juli in Kraft getretene Klinikhygienegesetz: Die Zielsetzung wird zwar begrüßt, aber anders als die niedergelassenen Ärzte, die für das MRSA-Screening Honorar erhalten, werden die Kliniken nicht finanziell im Kampf gegen Infektionen unterstützt. Dabei müssten diese Klinikhygieniker einstellen, was die Personalkosten erhöhe.

Wachsende Liquidiätsrisiken bei öffentlichen Kliniken

Sorgen bereitet die nächste Tarifrunde: Auf die Uniklinken komme vermutlich nach dem Abschluss der derzeit laufenden Tarifverhandlungen ein Zuwachs für Personalkosten von etwa vier Prozent zu. Eine erste Tarifrunde für die rund 50.000 Ärzte an kommunalen Krankenhäusern Mitte September ist ohne Ergebnis geblieben.

Bereits heute wendeten die Krankenhäuser 45 Milliarden Euro für Personalkosten auf, sagten Klinikvertreter.

Die Klage der Krankenhäuser wird im Prinzip auch von neutraler Seite als berechtigt empfunden. So sieht beispielsweise der Krankenhaus-Rating-Report aktuell wachsende Liquiditätsrisiken vor allem bei den öffentlichen Kliniken in Westdeutschland.

Dort hat sich eine verhängnisvolle Spirale aus Investitionsrückstau, Unvermögen zur Rationalisierung und folgendem Kostendruck ergeben, der aktuell nicht an die Kassen überwälzt werden kann.

Für die Koalition kein Thema: In einer Zwischenbilanz zur Gesundheitspolitik malen sich Johannes Singhammer (CSU) und Jens Spahn (CDU) eine "Gesundheitsversorgung auf höchstem Niveau" aus.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Statistisches Bundesamt

Gender Pay Gap bleibt konstant

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt