Pflegevorsorgefonds

Koalition will mehr Rendite sehen

Die Regierung erhöht das Risiko: Der Pflegevorsorgefonds soll länger Aktien besitzen dürfen als geplant.

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BERLIN. Die große Koalition setzt beim Pflegevorsorgefonds auf höhere Renditen. Das geht aus der aktuellen Fassung des Gesetzentwurfs für die Pflegereform hervor, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Das im Pflegevorsorgefonds angelegte Geld soll länger auf dem Kapitalmarkt arbeiten dürfen als bisher vorgesehen.

Der Fonds, der aus einer Beitragserhöhung zur Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte gespeist werden soll, darf wie der Vorsorgefonds des Bundes auf dem Kapitalmarkt aktiv werden. Maximal zehn Prozent des Bestandes können demnach in bestimmten Anleihen und Aktien angelegt werden.

Da dem Fonds ab 2015 jährlich mehr als eine Milliarde Euro zufließen dürften, können Bundesbanker, die den Fonds verwalten sollen, bereits im kommenden Jahr mit an die 100 Millionen Euro auf dem Kapitalmarkt aktiv werden. Insgesamt soll der Fonds bis 2035 mehr als 40 Milliarden Euro ansparen.

Hier haben die Autoren des Paragrafenwerkes im Vergleich zu den ersten Entwürfen des Gesetzes den Hebel angesetzt. Im Referentenentwurf hieß es noch, dass Anlagen in Aktien nach dem 31. Dezember 2030 nicht mehr zum Portfolio des Fonds gehören dürften.

Verbraucherschützer raten bei allen Sparplänen dazu, den Anteil riskanter Anlagen rechtzeitig sukzessive abzubauen. Sparer können ihr Geld so vor einem plötzlichen Einbruch des Aktienmarktes zum Zeitpunkt der Entnahme schützen.

Ministerrunde am 28. Mai

An diese Regel will sich die Regierung offenbar nicht halten. In der neuen Fassung heißt es nun: "Dabei ist der in Aktien und Aktienfonds angelegte Teil des Sondervermögens ab dem Jahr 2035 über einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren abzubauen."

Die im Fonds liegenden Milliarden sollen also noch während der Entnahmephase von den erwarteten höheren Renditen auf dem Aktienmarkt profitieren.

Am 28. Mai soll die Ministerrunde um Angela Merkel das Reformwerk absegnen. Die geplante Kapitalreserve soll ab dem Jahr 2035 Beitragserhöhungen in der Pflegeversicherung abfedern.

Dann kommen die geburtenstarken Jahrgänge ab 1959 in ein Alter, in dem Pflegebedürftigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Der Fonds soll laut dem Gesetzentwurf immer dann ausschütten, wenn ansonsten die Beiträge zur Pflegeversicherung über ein Niveau hinaus steigen würden, das zur Dynamisierung der Leistungen nötig wäre.

Die Höhe der Ausschüttungen ist auf ein Zwanzigstel des Geldbestandes gedeckelt, der Ende 2034 auf dem Konto liegt.

Das Vorhaben stößt bei Sozialverbänden und Gesundheitsökonomen auf scharfe Kritik. Der Fonds entziehe der Versorgung Pflegebedürftiger die Mittel, heißt es zum Beispiel beim Sozialverband vdk, der unter anderem gegen den Fonds eine Verfassungsklage vorbereitet.

Wirtschaftswissenschaftler kommentieren den Fonds als "Symbolpolitik". Professor Heinz Rothgang von der Universität Bremen rechnet damit, dass der Fonds den Beitragsanstieg nur um rund 0,1 Prozent dämpfen könne. (af)

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