Modellprojekt

Kurzzeitpflege mit Reha-Elementen: „Ermutigende Ergebnisse“

Wird Kurzzeitpflege mit aktivierenden motorischen und kognitiven Elementen verknüpft, können Heimeinweisungen vermieden werden, so die Ergebnisse eines Modellprojekts. Doch das Angebot hat einen finanziellen Haken.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
Claudia Schöne, Bereichsleiterin Pflege der AOK Plus: Solange die Kosten für die aktivierende Kurzzeitpflege von den Versicherten bezahlt werden müssen, wird ein solches Angebot nur wenigen Menschen vorbehalten bleiben.

Claudia Schöne, Bereichsleiterin Pflege der AOK Plus: Solange die Kosten für die aktivierende Kurzzeitpflege von den Versicherten bezahlt werden müssen, wird ein solches Angebot nur wenigen Menschen vorbehalten bleiben.

© AOK Plus

Dresden. Eine neue Art von Kurzzeitpflege mit rehabilitativem Ansatz der AOK Plus und der Diakonie Dresden hat „ermutigende Ergebnisse“ erbracht. Zu diesem Fazit kommt Professor Gabriele Bartoszek von der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, die das Modellprojekt untersucht und bewertet hat.

In den vergangenen rund anderthalb Jahren hatten dort 62 Menschen eine Pflege erhalten, die motorische und kognitive Fähigkeiten aktivierte und wie eine Rehabilitation wirkte. Dazu wurden 14 Kurzzeitpflegeplätze einer Wohn- und Pflegeeinrichtung der Diakonie in Dresden genutzt, die 2019 ihren Betrieb aufgenommen hatte. Diese Frauen und Männer hatten zuvor zu Hause gelebt und waren in einem Krankenhaus zur Behandlung gewesen.

Sonst werden in der Regel nach einem Krankenhausaufenthalt Patienten, ihre vorherige Selbstständigkeit nicht wiedererlangt haben, entweder direkt ins Pflegeheim verlegt oder mit Einzelverordnungen für Heilmittel zu Hause versorgt. Claudia Schöne, Bereichsleiterin Pflege bei der AOK Plus, sagte, dass zwischen 40 und 45 Prozent solcher Patienten in Pflegeheime eingewiesen werden.

Keine einzige Einweisung ins Pflegeheim nötig

Hingegen sei bei dem Modellprojekt keine einzige Einweisung in Pflegeheime nötig gewesen. Ein Teilnehmer des Projekts sei in eine Anschlussrehabilitation und anschließend nach Hause gekommen, die anderen seien direkt nach der Kurzzeitpflege nach Hause entlassen worden. Es habe sich gezeigt, dass die „Kosten für die oftmals vorschnellen Heimeinweisungen eingespart werden können“, sagte Bartoszek.

„Diese eingesparten finanziellen Aufwände sollten nun in den Aufbau gezielter Förderansätze für ein Leben in der Häuslichkeit verwendet werden.“ Die Teilnehmer des Projekts waren zwischen 70 und 90 Jahren alt und durchschnittlich knapp 20 Tage in dieser Kurzzeitpflege. Allerdings hätten sie mit rund 2000 Euro Eigenanteil etwa das Doppelte des sonst üblichen Betrags für Kurzzeitpflege aufbringen müssen.

Das veranlasste den Vorstandsvorsitzenden der AOK Plus, Rainer Striebel, zu der Forderung, die Pflegekassen müssten „mehr Beinfreiheit“ erhalten. Schöne ergänzte: „Solange die Kosten von den Versicherten bezahlt werden müssen, wird ein solches Angebot nur wenigen Menschen vorbehalten bleiben.“

Koordinierung beim Entlassmanagement hat Luft nach oben

Bei dem Modellprojekt waren Gesundheitsassistenten mit physiotherapeutischer Ausbildung zusätzlich im Einsatz. „Es bedarf fast immer einer der Tagesform angepassten, individualisierten Vorgehensweise, die sich an einem strukturierenden Förderansatz orientiert und einer Betreuungsstruktur, die sich in die rehabilitativen Strukturen einpasst“, erläuterte Bartoszek. „Hier haben sich die Präsenzkräfte sehr bewährt.“

Verbesserungsbedarf sieht die Wissenschaftlerin bei den Koordinationsleistungen durch das Entlassmanagement der Krankenhäuser. Hierzu schlug sie Kooperationsvereinbarungen mit den Kliniken vor. Darüber hinaus plädiert Bartoszek für ein hohes Qualifikationsniveau der interprofessionellen Teams und eine Anhebung des Personalschlüssels.

„Dies ist darin begründet, dass die Arbeits-, Koordinierungs- und Pflegeintensität aufgrund des vorangegangenen Krankenhausaufenthaltes der älteren Pflegebedürftigen wesentlich höher anzusehen sind als in der stationären Langzeitpflege“, erläuterte sie.

Sie regte außerdem an, dass ein Sozialarbeiter oder eine Community Health Nurse eingestellt werden, damit für die Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen der Übergang nach Hause und die weitere Versorgung dort eigenständig organisieren könnten.

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