Schleswig-Holstein

Landarzt-Nachwuchs über Anreize werben!

Schleswigs-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck ist auch für Daseinsvorsorge auf dem Land zuständig. Er hält neue Rezepte für nötig: Stipendien mit der Pflicht zum Landarzt-Dasein zu verknüpfen - das klappe nicht.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

SCHLESWIG. Wenn ein Energiewendeminister zum Thema medizinische Versorgung spricht, kann das einen wohltuenden Blick von außen beisteuern.

Robert Habeck von den Grünen hatte auf einer Veranstaltung in Schleswig den Mut, sich nicht hinter Ressortzuständigkeiten zu verstecken, sondern sich auf Einladung der Gesundheitsregion Nord in klaren Worten zu diesem Thema zu äußern - schließlich ist er in Schleswig-Holstein auch für Daseinsvorsorge im ländlichen Raum zuständig.

Und mit der medizinischen Daseinsvorsorge könnte es dort schon in wenigen Jahren in manchen Regionen Probleme geben. Habecks Prognose beschönigte nichts. "Wo es heute schon schwach ist, wird es tendenziell eher schlechter", befürchtet er.

Auch Zuzug ändert nichts am Problem

Denn der Trend, dass Menschen eher die Regionen mit guter Infrastruktur als Lebensmittelpunkt wählen, wird anhalten - und damit die Chance auf einen Arzt im Dorf abnehmen. An dieser Entwicklung wird nach seiner Ansicht auch der Zuzug von Migranten nichts ändern, weil Flüchtlinge nach seiner Wahrnehmung eher in die Zentren als auf das Land drängen.

Habeck ermunterte die Selbstverwaltung, sich mit kreativen Ideen und Modellprojekten um die künftige Versorgung zu kümmern. Dazu zählt er selbst eine frühere eigene Idee inzwischen nicht mehr: Nämlich Medizinstudenten als Gegenleistung für Stipendien einige Jahre Landarzt-Tätigkeit abzuverlangen. Heute lautet seine Erkenntnis: "Man kann keine Siedlungspolitik betreiben. Das funktioniert nur über Anreize."

Modellprojekte sind aus seiner Sicht auch deshalb erforderlich, weil es keine Pauschallösungen für die unterschiedlichen Bedingungen in den Regionen gibt. Fest steht für Habeck, dass sich Kommunen dazu durchringen müssen, mehr nach gemeinsamen Lösungen zu suchen, statt "Kirchturmpolitik" zu betreiben. Alle Beteiligten seien aufgefordert, "wegbrechende Strukturen anders zu organisieren". Entsprechende Projekte hätten gute Chancen auf Fördermittel.

Auch der Schleswiger Arzt Dr. Carsten Petersen glaubt, dass ein Umdenken der kommunalen Entscheidungsträger noch einiges bewirken kann. Der KV-Kreisstellenleiter nannte als Beispiel Ambulatorien in Markttreffs, die nur zeitweise besetzt sind.

Mehr Kooperation gewünscht

Zugleich wünscht er sich eine engere Kooperation zwischen Kommunen, Ärztenetzen und den örtlichen KV-Vertretern. Als beispielhaft nannte er den Kreis Dithmarschen, der einen hausärztlichen Koordinator eingestellt hat, der mit den kommunalen Entscheidungsträgern über die ärztliche Versorgung spricht.

Es gibt aber auch Initiativen in anderen Regionen. Das Amt Arensharde etwa, ein Zusammenschluss von neun Gemeinden mit rund 14.000 Einwohnern, erarbeitet einen eigenen Masterplan für die Gesundheitsversorgung.

Für Petersen steht fest, dass auch die Ärzte selbst einiges tun können. Ganz oben auf seiner Liste: Das Image des Landarztes verbessern. Auf positive Resonanz stieß die Forderung von AOK-Landesdirektor Thomas Haeger, durch verstärkte Delegation Versorgungslücken zu schließen.

Doch auch hier liegt der Teufel im Detail und die Selbstverwaltung hat dabei kein gutes Bild abgegeben, wie Hausarzt Dr. Stefan Jost zeigte: Die KBV-Regelungen zur nicht-ärztlichen Praxisassistentin haben im Norden zu viel Frust in den Praxen geführt, weil die bestehenden Qualifikationen nicht für die Abrechnung der entsprechenden Ziffern anerkannt wurden.

Der Energiewendeminister, der zuvor der Selbstverwaltung noch den Rücken gestärkt hatte, war zu diesem Zeitpunkt schon wieder auf dem Weg zum nächsten Termin.

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