Liberale Ökonomen nennen GKV-Reform "Fehlschlag"
Rösler ist überzeugt: Das drohende GKV-Defizit ist abgewendet. Aber nur kurzfristig, warnen Ökonomen. Sie kritisieren die Pläne als "Stillstand vergangener Jahrzehnte."
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Professor Bernd Raffelhüschen: "Die Reform verwaltet den Stillstand vergangener Jahrzehnte."
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BERLIN. Kritik an den Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) kommt nun auch von liberalen Ökonomen. Nach Ansicht der Stiftung Marktwirtschaft ist die geplante Reform ein "gesundheitspolitischer Fehlschlag".
"Die Reform verwaltet in erster Linie nur den gesundheitspolitischen Stillstand vergangener Jahrzehnte", kritisierte der Ökonom Professor Bernd Raffelhüschen, Vorstandsmitglied der Stiftung, am Dienstag in Berlin.
Das ist das Fazit der neuesten Berechnungen des Instituts. Demnach biete die geplante Reform für das drohende Defizit nur eine "kurzfristige Kur". Ein Einstieg in den Umstieg auf eine Prämienfinanzierung sei derweil "überfällig" gewesen, so der Ökonom.
Sowohl die beabsichtigte Erhöhung des Beitragssatzes von 14,9 auf 15,5 Prozent als auch die Einsparungen infolge des Arzneimarkt-Neuordungsgesetzes und GKV-Finanzierungsgesetzes stellten "eine Kompensation für den Ausgabenanstieg" im Gesundheitswesen dar.
Die Weiterentwicklung des Zusatzbeitrags sei hingegen ein "Schritt in die richtige Richtung". Damit werde die Grundlage für eine Abkopplung der Arbeitskosten vom Ausgabenanstieg im Gesundheitswesen gelegt. Statt über steigende Beitragssätze werden Kostensteigerungen künftig über Zusatzbeiträge finanziert.
"Das vermeidet eine zusätzliche Belastung des Arbeitsmarktes und forciert den Wettbewerb zwischen den Kassen", so Raffelhüschen. Der angestrebte "gesamtwirtschaftliche Sozialausgleich" gelinge mit der geplanten Reform jedoch nicht, kritisierte Raffelhüschen. Dieser setze ausschließlich an den beitragspflichtigen Einnahmen an, Kapitaleinkünfte und Einkommen aus Vermietung würden jedoch außer acht gelassen.
Rösler verteidigte seine Reform des GKV-Systems hingegen kürzlich als "transparent, stabil und gerecht". Damit sei auch "künftigen Generationen eine Gesundheitsversorgung auf dem bewährt hohen Leistungsniveau" gesichert.