"Europas Grenzen in den Niger ausgelagert"

Medico verurteilt "Flüchtlingsabwehr"

Medico International wettert gegen Europas Flüchtlingspolitik: Die EU mache sich die Hände nicht schmutzig, sondern delegiere Menschenrechtsverletzungen an außereuropäische Staaten.

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BERLIN. Die Hilfsorganisation Medico International hat der Bundesregierung vorgeworfen, sie betreibe eine Politik der "Flüchtlingsabwehr". "Mit Unterstützung der deutschen Entwicklungshilfe sollen die Grenzen Europas über die Türkei hinaus bis in den Niger ausgelagert werden", erklärte die Hilfsorganisation, die vergangene Woche in Berlin ihren Jahresbericht vorgestellt hat.

Die EU stärke Diktaturen und Landraub

Die Europäische Union handele nach dem gleichen Prinzip. Mit viel Geld delegiere sie Menschenrechtsverletzungen und die Errichtung von abschreckenden Lagern an außereuropäische Staaten. Eine Politik, die Diktaturen stärke und eine Entdemokratisierung dulde, werde letztlich aber nur neue Fluchtursachen schaffen, sagten Vertreter von Medico.

Die Praxis des "land grabbings", also des Aufkaufs von Agrarland durch internationale Konzerne, sei eine dieser Fluchtursachen, sagte Medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer. Auch Deutschland sei daran beteiligt, dass bäuerliche Kleinbetriebe in Afrika aufgeben müssten.

Handelsverzerrende und umweltschädliche Agrar- und Fischereisubventionen müssten abgebaut werden, sagte Gebauer. Die Handelsbarrieren für die Länder des Südens müssten abgebaut, ungerechte Schulden gestrichen werden. "Wir sehen Tendenzen von Sklavenwirtschaft", beschrieb Gebauer die Folgen.

Sich den Ursachen der Migration entgegenstellen

Europa solle stattdessen den Ursachen erzwungener Migration entgegentreten und die Vernichtung der Lebensgrundlagen von Menschen nicht länger billigend in Kauf nehmen.

Entwicklungshilfe dürfe allerdings nicht als Gegenleistung für den in die Länder südlich der Sahara ausgelagerten Grenzschutz der Europäischen Union missbraucht werden, forderten die Medico-Vertreter. Gebauer stellte darüber hinaus die Forderung, einen internationalen Fonds für Gesundheit einzurichten, den die UN-Staaten anteilig finanzieren sollten.

Derzeit habe die Weltgemeinschaft ihre Anstrengungen bis auf freiwillige Leistungen weitgehend zurückgefahren. Die WHO sei pleite und lebe von den Geldinfusionen des Microsoft-Gründers Bill Gates.

Medico International hat im vergangenen Jahr mehr als 100 Projekte in 28 Ländern gefördert. Das Spendenaufkommen stieg den Angaben zufolge um sieben Prozent auf rund sechs Millionen Euro. Etwa die Hälfte der Summe floss in die Flüchtlingshilfe. Die Zuschüsse von öffentlicher Seite kletterten um 10,8 Prozent auf 4,4 Millionen Euro. (dpa/af)

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