Großbritannien

NHS-Patienten vor OP: Ab in die Warteschlange

Versprechen – gebrochen: Die Zahl der Patienten in Großbritannien, die auf eine Operation warten, steigt. Die Regierung hatte angekündigt, die Fristen zu verkürzen – es fehlt an Personal.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Ende Juni 2017 warteten mehr als vier Millionen Patienten auf eine Operation im staatlichen britischen Gesundheitsdienst (NHS).

Ende Juni 2017 warteten mehr als vier Millionen Patienten auf eine Operation im staatlichen britischen Gesundheitsdienst (NHS).

© Dominic Lipinski / dpa

LONDON. Trauriger Rekord in Großbritanniens staatlichen Kliniken: Ende Juni 2017 warteten mehr als vier Millionen Patienten auf eine Operation im staatlichen britischen Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS). Zwar sind Wartelisten in Großbritannien nichts Neues. Jedoch alarmiert Ärzte der rasante Anstieg und einige Beobachter sehen Zusammenhänge mit dem bevorstehenden Brexit.

Seit Juni 2016 ist allein die Zahl der länger als 18 Wochen auf eine Operation wartenden Patienten um 21 Prozent auf rund 375 000 Patienten gestiegen. Was peinlich ist für die Londoner Regierung von Theresa May: Das offizielle Ziel, 92 Prozent aller Patienten in England binnen 18 Wochen nach Diagnose zu operieren oder zumindest anderweitig fachärztlich zu behandeln, wurde deutlich verfehlt.

Regierung gegen Dramatisierung

Ärzte und Patientenverbände nahmen die Zahlen von vier Millionen Wartenden zum Anlass, die Gesundheitspolitik der Regierung scharf zu kritisieren. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mahnte im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung", die Situation nicht zu dramatisieren: "Wir bemühen uns sehr, die Zahl der wartenden Patienten immer weiter zu reduzieren. Die Zahl der Patienten, die länger als ein Jahr warten, ist seit März 2011 deutlich gesunken."

Jeremy Corbyn, Vorsitzender der Labour-Partei, verlangt eine politischen Kurswechsel und mehr staatliche Mittel für den NHS.

Jeremy Corbyn, Vorsitzender der Labour-Partei, verlangt eine politischen Kurswechsel und mehr staatliche Mittel für den NHS.

© empics/dpa

Die jüngsten Wartezahlen bestätigen nach Ansicht der oppositionellen Labour Party, "dass der NHS langsam zerfällt". Labour-Chef James Corbyn: "Ohne ein neues gesundheitspolitische Konzept und deutlich mehr Etatmittel wird unser Gesundheitswesen schon bald das Niveau eines Entwicklungslandes erreichen."

Wartezeiten in Notaufnahmen

Da passt es ins Bild, dass beim großen Thema Wartezeiten auch andere Ziele wie zum Beispiel eine schnellere Behandlung in den Notaufnahmen der staatlichen Kliniken deutlich verfehlt werden. In vielen Kliniken, besonders in den großen Städten wie London und Manchester, warten Patienten oftmals sechs Stunden oder länger, bis sich ein Arzt um sie kümmert. Auch dort hat sich die Lage in den vergangenen zwölf Monaten verschlechtert.

Gesundheitspolitische Beobachter sehen eine Verbindung zum bevorstehenden Brexit. So berichten Kliniken über Probleme, genug Pflegepersonal zu finden, weil seit dem Brexit-Votum im Juni 2016 tausende EU-Pflegekräfte das Land verlassen haben und nicht ersetzt werden konnten.

18 Wochen

oder länger warten in Großbritannien mittlerweile rund 375.000 Patienten auf eine Operation. Ihre Zahl ist damit binnen eines Jahres um 21 Prozent gestiegen.

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