Montgomery zieht Zwischenbilanz

Note 2 für die Große Koalition

100 Tage ist die Große Koalition jetzt im Amt. BÄK-Präsident Montgomery ist mit der Gesundheitspolitik der Regierung weitestgehend zufrieden. "Völliger Blödsinn" sei es allerdings, wenn sich Patienten nach Verstreichen einer vierwöchigen Frist in der Klinik behandeln lassen könnten.

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Ein gutes Zwischenzeugnis stellt BÄK-Chef Montgomery der Großen Koalition nach 100 Tagen aus.

Ein gutes Zwischenzeugnis stellt BÄK-Chef Montgomery der Großen Koalition nach 100 Tagen aus.

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BERLIN. Professor Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, stellt der Großen Koalition ein gutes Zeugnis aus. Fast 100 Tage ist diese jetzt für die Gesundheitspolitik in Deutschland verantwortlich.

Für sehr gute Noten reicht es allerdings nicht: Montgomery übt nach wie vor scharfe Kritik an den Plänen zur Garantie auf einen Facharzttermin binnen vier Wochen.

"Der Grundgedanke des gleichberechtigten Zugangs ist richtig", hält Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, entgegen. Es gebe Unterschiede bei Wartezeiten auf einen Facharzttermin zwischen GKV- und PKV-Patienten.

Der SPD-Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach habe viel Herzblut in das Thema gesteckt. Dies fließe auch in ein entsprechendes Gesetz, berichtete Mattheis bei einer Veranstaltung der Schwenninger Betriebskrankenkasse am Mittwoch.

KBV-Befragung: Großteil ist Überweisungsterminvergabe zufrieden

Wie es am Ende genau aussieht und ob es mit den Formulierungen im Koalitionsvertrag übereinstimme, müsse sich zeigen.

An diesen möchte Montgomery allerdings festhalten. Sonst laufe die Debatte an der eigentlichen Realität in der Arztpraxis vorbei.

"Das Problem liegt meines Erachtens nicht in den überweisungsgebundenen Konsilen bei Fachärzten, sondern in den selbst gesuchten Facharztterminen", sagte Montgomery.

In einer KBV-Befragung hätten sich 85 Prozent der Befragten mit der Überweisungsterminvergabe zufrieden gezeigt. Nicht zufrieden seien aber Patienten, die auf eigene Faust einen Termin suchten. Deren Probleme werde man mit der geplanten Gesetzgebung nicht lösen können.

Montgomery gegen ambulante Behandlung in Kliniken

Besonders unzufrieden ist der BÄK-Chef mit den Sanktionen, die die Regierung bei Überschreitung der Vier-Wochen-Frist plant. Nach Ablauf dieses Zeitraumes sollen die Terminservicestellen, so sieht es der Koalitionsvertrag vor, Termine zur ambulanten Behandlung in Krankenhäusern vermitteln.

Montgomery fürchtet allerdings, dass Patienten auch von sich aus nach Ablauf der Frist in die Krankenhäuser drängen könnten. Dann würden Krankenhausärzte, die auf Notfälle und schwer Kranke eingerichtet seien, zusätzlich mit Leichtfällen belastet. "Völliger Blödsinn" sei dies, kommentierte Montgomery.

Beim Thema Termingarantie sollten sich Politiker, so der BÄK-Chef, bei der Formulierung des Gesetzes eng an den Text des Koalitionsvertrags halten. Dafür hat Montgomery die Zusicherung von Mattheis. (mh)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 13.03.201416:11 Uhr

Zeugnisvergabe mehr als mangelhaft!

Das Problem des Kollegen und Radiologen Professor h. c. (HH) Dr. med. Frank Ulrich Montgomery als Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) ist, dass die Vergabe von haus- und fachärztlichen Terminen bei GKV-Patientinnen und Patienten gar nicht seine Sache sein dürfte. Denn es ist Kernkompetenz und Wesensinhalt der KVen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV), die ambulante vertragsärztliche Versorgung in Deutschland flächendeckend innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung zu garantieren (Sicherstellungsauftrag). D o r t müssten eigentlich alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, dass die tagtäglich praktizierte Akutversorgung mit sofortiger Terminvergabe bei den H a u s ärzten als Modellfall je nach medizinisch erkennbarer Dringlichkeit auch von den F a c h ärzten übernommen werden muss. Und nicht zur Bürokratiemaximierung mit einem w e i t e r e n Überweisungsformular für besonders dringliche Überweisungen aufgewartet wird – dies würde auch die bisherigen Überweisungen als weniger dringlich und sinnstiftend entwerten.

Doch in der Realität kümmern sich weder KBV noch BÄK um die zunehmende Zahl von IGeL-, Teilzeit-, Feierabend- und Hobbypraxen, wo trotz voller Kassenzulassung die GKV-Patienten/-innen eher ein Mauerblümchen Dasein fristen. Wenn sie nicht gar als Feigenblatt für eine mehr oder weniger florierend Privatpraxis herhalten. Oder die jüngeren Kolleginnen und Kollegen sind nach ihrer Klinik-Qualifikation einfach nicht mehr bereit, das Klima der öffentlichen Missbilligung, die multimediale Vorverurteilung und die Lebens- bzw. Arbeitsperspektiven mit negativer „work-life-balance“ in der Vertragsarztpraxis zu akzeptieren. Ist es nicht an der Zeit, verbindliche Präsenzpflicht, kontrollierbare GKV-Mindest-Sprechstundenzeiten und überprüfbare Teilzeit- und Jod-Sharing-Varianten zu schaffen und mit motivierend-realistischen, refinanzierbaren Umsatzerwartungen zu koppeln?

"Der Grundgedanke des gleichberechtigten Zugangs ist richtig" wie Hilde Mattheis als gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion festgestellt hat. Er wäre aber nur dann zutreffend, wenn in der GKV eine ebenso g l e i c h b e r e c h t i g t e Leistungsagenda für Terminvergabe, Performance und Versorgungsrealität für Haus- u n d Fachärzte bestehen würde. Davon sind allerdings das neue/alte Vorstandsduo der KBV und der BÄK-Vorstand wegen weit gehender Unwissenheit, Nichtzuständigkeit und Unfähigkeit noch meilenweit entfernt. Schulmeisterliche Notenvergabe für nach 100 Tagen vollkommen unerledigte Hausaufgaben der "GROKO"-Bundesregierung sind da ebenfalls deplatziert. Insbesondere wenn die BÄK- Dauerbaustelle "GOÄ" (Gebührenordnung für Ärzte) trotz vollmundiger Versprechungen und perseverierender Ankündigungen seit Jahrzehnten (1983) unerledigt bleibt.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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