Männerschnupfen

Nur die Mutti hat Verständnis für ihren Sohn

Wehe, wenn der Schnupfen kommt: Dann beginnt bei nicht wenigen Männer die große Wehleidigkeit. Warum eigentlich? Ein neues Buch erläutert Hintergründe.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Armer Mann mit traurigem Schicksal: Die Nase läuft an einer Tour.

Armer Mann mit traurigem Schicksal: Die Nase läuft an einer Tour.

© Jana Behr/fotolia.com

NEU-ISENBURG. "Sie müssen jetzt sehr tapfer sein," sagt die Ärztin. "Sie haben eine Männergrippe, das ist eine oft tödlich verlaufende Krankheit." "Ist das so schlimm? Wie lange habe ich noch?," fragt der gut aussehende Mittvierziger in einer Mischung aus Larmoyanz und tiefster Verunsicherung. In Gedanken geht er blitzschnell noch einmal sein Testament durch: Hat er an alles gedacht, ist für die Hinterbliebenen der Nachlass geklärt?

"Frau Doktor, was würde eigentlich passieren, wenn Frauen so etwas bekämen?", will er wissen. "Die Viren würden eine Frau binnen Stunden töten! Glücklicherweise sind Frauen dagegen aber immun", beruhigt die Ärztin. Doch das nutzt dem Patienten, der Leib und Leben bedroht sieht, in diesem Moment auch nichts.

Das Gespräch mit der Ärztin hat natürlich so niemals stattgefunden. Der Dialog ist blanke Fiktion: Peter Buchenau und Ina Lackerbauer haben sich – über weite Strecken nicht ernst gemeint – in einem bei Springer erschienenen Buch mit einem Krankheitsbild beschäftigt, zu dem es in der Suchmaschine Google mehr als 71.000 Einträge gibt. Der Titel: "Männerschnupfen. Warum Männer immer mehr leiden als Frauen, wenn sie krank sind."

Eine ganz spezielle Bedrohung

Ist diese sehr spezielle medizinische Bedrohung also tatsächlich eine nicht zu unterschätzende Krankheit, die, wie es im Buch heißt, das bis dahin normal gesunde Mannesleben mit geradezu brachialer Gewalt aus der Bahn wirft? Traurig, aber wahr, wie der Leser erfährt: Die im Alltag vor Kraft und Selbstbewusstsein strotzenden Mannsbilder werden zu Weicheiern und liegen leidend im Bett.

Ihre Körper scheinen sich nur noch auf die Befindlichkeit der Nase zu konzentrieren und die wiederum zeigt sich in einem wahrlich erbarmungslosen Zustand. Da geht nichts mehr. Da ist nur noch Elend.

Irrationale Sorgen

Gibt es überhaupt eine Chance, sich diesem fiktiven Krankheitsbild in einem Buch seriös zu nähern? Buchenau und Lackerbauer versuchen es – und das erfolgreich. Sie erklären zum Beispiel, wie sich das Verhalten von Männern und Frauen generell unterscheidet, ob die Rollenbilder einen Einfluss auf das Phänomen des Männerschnupfens haben, warum Erkältungen von Männern und Frauen unterschiedlich wahrgenommen werden, warum Männer extrem und irrational besorgt sind, wenn sie krank werden und wie Frauen Schmerzen wahrnehmen.

Witzig, originell und bissig, so kommt das Buch daher, ein echter Lesespaß – mit vielen Erfahrungen mitten aus dem Leben. So erfährt der Leser etwa, dass das einzige weibliche weltweit verfügbare Wesen, das den schwer kranken Mann bereits von Geburt an in solchen Situationen versteht, seine Mutter ist. Die Botschaft: "Mein armer Junge, sei nicht verzagt, alles wird gut!" Reist die Mutter aus der Ferne an und lässt sich an der Haustür nicht abweisen, droht Ungemach und der Familienfrieden ist nachhaltig gefährdet.

Keine Kraft für den Nassrasierer

Alles hat ein Ende: Zwölf Tage nach dem Ausbrechen der Erkrankung fühlt sich der Patient wieder fit. Tonnenweise hat er Deospray verwendet, Erkältungsbäder genommen, ihm ist ein Vollbart gewachsen, weil er kräftemäßig nicht in der Lage war, den Nassrasierer zu benutzen. "Meine Haare", analysiert er im Buch mit einem Hauch von Selbstkritik, "haben mittlerweile so eine Speckschicht gebildet, dass ein Vogelschwarm Kohl- und Blaumeisen locker darin satt werden und überwintern könnte."

Ab unter die Dusche und zurück ins echte Leben – das kann jetzt nur noch die Devise sein. Und eines ist sicher: Der nächste Männerschnupfen kommt bestimmt!

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