Aktionsbündnis für Patientensicherheit

Patientensicherheit bleibt eine Baustelle

Eine Hausärztin erhält den Preis für Patientensicherheit. Ein Aktionsbündnis fordert flächendeckend Beauftragte für Patientensicherheit.

Veröffentlicht:
Dr.Irmgard Landgraf ist Fachärztin für Innere Medizin und Hausärztin in Berlin.

Dr.Irmgard Landgraf ist Fachärztin für Innere Medizin und Hausärztin in Berlin.

© Stefan Boness

BERLIN. Erstmals geht der Deutsche Preis für Patientensicherheit in die ambulante Versorgung. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) hat am Freitag die Berliner Hausärztin Dr. Irmgard Landgraf ausgezeichnet. Landgraf arbeitet seit 18 Jahren über eine digitale Patientenakte mit einem Pflegeheim zusammen. In das Kommunikationsmodul der Akte können die Pflegekräfte zu jedem Zeitpunkt alle auffälligen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bewohner eintragen.

„Ich lese morgens und abends die Notizen und kann somit schnell und angemessen reagieren“, sagte Landgraf am Freitag in Berlin. Die Effekte sind sowohl für die Bewohner als auch ihre Betreuer enorm. Der stationäre Behandlungsbedarf sei in dem betreuten Heim auf ein Viertel des üblichen Durchschnitts gesunken, berichtete sie.

Zudem seien die Pflegekräfte seltener krank und arbeiteten in der Regel bis zur Rente durch. Über die elektronische Patientenakte betreue sie rund 150 Patienten, berichtete Landgraf. Verhindern ließen sich so vor allem unerwünschte Nebenwirkungen von Multimedikation.

Rund 20.000 Tote jährlich

Unzufrieden mit dem Stand der Patientensicherheit zeigte sich die Vorsitzende des Aktionsbündnisses Hedwig François-Kettner. Jedes Jahr komme es zu rund 800.000 unerwünschten Ereignissen, in der Regel Medikationsfehler. Etwa 20.000 Menschen koste dies das Leben.

„Wir haben in Deutschland eine mangelhafte Sicherheitskultur. Wir sehen auch keine Änderungen bei den nosokomialen Infektionen in Krankenhäusern“, sagte François-Kettner. Eine Auswertung von 1000 Patientenakten habe ergeben, dass die Ursachen zu 80 Prozent in mangelnder Kommunikation lägen.

„Wir brauchen Führungskräfte, die sich für Patientensicherheit interessieren“, sagte die ehemalige Pflegedirektorin der Charité. Unerwünschte Ereignisse sollten in jedem Team offen angesprochen werden.

Organisatorische Änderungen mahnte APS-Generalsekretär Hardy Müller an. In allen Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung müssten Fachleute für Patientensicherheit als Patientensicherheitsbeauftragte eingestellt werden. Die Selbstverwaltung solle binnen drei Jahren Ausbildungscurricula für diese neuen Gesundheitsberufe erstellen. Bis dahin sollten besonders qualifizierte Qualitätsmanager und Krankenhaushygieniker diese Aufgaben wahrnehmen. Auch MVZ und Arztnetze sollten verpflichtet werden, eine solche Position zu besetzen, forderte Müller.

Als Modell könnte eine Initiative des Landes Hessen dienen. Das Wiesbadener Gesundheitsministerium hat eine Verordnung angekündigt, mit der die Qualifizierung und Etablierung von Beauftragten für die Patientensicherheit an hessischen Krankenhäusern geregelt werden soll. (af)

Lesen Sie dazu auch: Aktionsbündnis Patientensicherheit: Bewusstsein für Patientensicherheit bei jedem Einzelnen fördern

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