Schwangerschaftsabbruch

Pro familia mit Aktionen gegen Paragraf 218

Eine ungewollte Schwangerschaft gehört zur Lebensgeschichte vieler Frauen. Ein Abbruch ist nach Paragraf 218 strafbar, es gelten aber Ausnahmen. Gegen diese alte Regelung richtet sich immer wieder Protest. Beraterinnen machen auch auf andere Probleme ungewollt Schwangerer aufmerksam.

Veröffentlicht:
Thüringen, Erfurt im Juni: „§ 218. 150 Jahre sind genug“ steht auf dem Sticker, den eine Teilnehmerin der Versammlung des pro familia Landesverbands vor dem Landtagsgebäude am Rande der Plenarsitzung des Thüringer Landtages trägt.

Thüringen, Erfurt im Juni: „§ 218. 150 Jahre sind genug“ steht auf dem Sticker, den eine Teilnehmerin der Versammlung des pro familia Landesverbands vor dem Landtagsgebäude am Rande der Plenarsitzung des Thüringer Landtages trägt.

© Martin Schutt / dpa

Magdeburg. In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im vergangenen Jahr auf dem Niveau der Vorjahre geblieben. 2020 registrierte das Statistische Landesamt knapp 3280 Eingriffe nach rund 3350 im Jahr 2019 und 3300 im Jahr 2018. Der Blick weiter zurück zeigt einen rückläufigen Trend: 2005 etwa hatte es noch fast 4780 Abbrüche gegeben. 2010 lag die Zahl bei knapp 4080.

Viele Frauen, die ihr Kind nicht austragen wollen, haben zuvor schon eines oder mehrere Kinder geboren. Fast 1000 Frauen, die im Vorjahr ihre Schwangerschaft abbrachen, hatten demnach bereits ein Kind, mehr als 900 schon zwei und über 300 Frauen hatten drei Kinder zur Welt gebracht.

Zu wenig Ärzte, die Eingriff durchführen

Für ungewollt Schwangere ist es nach Angaben der Organisation pro familia in Sachsen-Anhalt zunehmend schwierig, innerhalb kurzer Zeit einen Arzt für einen Schwangerschaftsabbruch zu finden. „Es gibt nur wenige Fachärzte, die einen Eingriff durchführen möchten“, sagte Maria Vinzens von der pro familia Beratungsstelle Magdeburg. „Und es werden immer weniger.“

In Halle etwa gebe es aktuell nur zwei Einrichtungen, im Bereich Magdeburg habe sich die Zahl der Ärztinnen und Ärzte auf etwa sieben reduziert. Zum Teil bedeute das zwei bis drei Wochen Wartezeit. Insbesondere in der Urlaubszeit und an Weihnachten gebe es Schwierigkeiten, zeitnah einen Termin zu bekommen.

pro familia startet Aktionsjahr

Der pro familia Bundesverband hat gemeinsam mit Partnern ein Aktionsjahr gegen den Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch gestartet, nach dem ein Schwangerschaftsabbruch strafbar ist. Unter bestimmten Bedingungen bleibt er jedoch straffrei. Dazu zählt, dass die Frau den Vorgaben der sogenannten Beratungsregelung folgt. Für diesen Dienstag ist in Magdeburg ein Aktionstag gegen den Paragrafen geplant.

Auf einer online veröffentlichten Liste der Bundesärztekammer finden sich für Sachsen-Anhalt knapp zehn Krankenhäuser, Praxen und niedergelassene Ärzte, die einen Abbruch anbieten. Die Aufnahme in die Liste ist freiwillig, diese ist daher nicht vollständig.

Klima wird aggressiver

Vinzens schilderte ein zunehmend aggressives Klima, das die Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen produzierten. Online und auch auf Veranstaltungen zeigten sie blutverschmierte Fötusmodelle, Plakate und streuten gezielt Falschinformationen. Ratsuchende bekämen Angst. „Die Bilder verankern sich.“ Anders als in anderen Bundesländern gebe es in Sachsen-Anhalt bislang aber noch keine Gehsteigbelagerungen vor Beratungsstellen und Praxen.

pro familia setzt sich für die Streichung des Paragrafen 218 ein. Die Organisation fordert zudem bessere Informationsmöglichkeiten für die Betroffenen.

Schon seit vielen Jahren wird über das sogenannte Werbeverbot diskutiert. Ärztinnen und Ärzte dürfen seit wenigen Jahren informieren, dass sie Abbrüche vornehmen, online aber nicht über den Eingriff selbst, Risiken sowie Vor- oder Nachsorge. (dpa)

Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Das könnte Sie auch interessieren
Pflanzenzweige in Reagenzgläsern

© chokniti | Adobe Stock

PMS? Phytotherapie!

Evidenzbasierte Phytotherapie in der Frauenheilkunde

Packshot Agnucaston

© Bionorica SE

PMS? Phytotherapie!

Wirkmechanismus von Agnucaston® 20 mg

Mönchspfeffer Pflanze

© Lemacpro / AdobeStock

Phytotherapie bei PMS

Wissenschaftliche Kurzinformation zu Agnucaston® 20 mg

Was zur Prophylaxe wirklich nützt

© bymuratdeniz / Getty Images / iStock

Rezidivierende Harnwegsinfekte

Was zur Prophylaxe wirklich nützt

Fast jede Frau macht die Erfahrung einer Blasenentzündung. Häufigster Erreger ist E. coli.

© Kateryna_Kon / stock.adobe.com

Prophylaxe von Harnwegsinfekten

Langzeit-Antibiose nicht mehr First Line

Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Experten-Workshop

Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen