"Psychotherapie hilft dem kranken Körper"

Valide Daten und qualifizierte Therapeuten - dann wäre Psychotherapie eine weitere Option bei der Behandlung von Patienten mit körperlichen Erkrankungen - sagen die Kassen.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:
Das Therapeuten-Gespräch - eine sinnvolle Therapieergänzung.

Das Therapeuten-Gespräch - eine sinnvolle Therapieergänzung.

© Fotos: Tokarski-, bilderboxwww.fotolia.de. DAK/Wigger, PhotoDisc

Ginge es nach dem Willen der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, dann würden sie ihr therapeutisches Spektrum gerne erweitern. Denn nach ihrer Auffassung gibt es genügend Belege dafür, dass Psychotherapie bei körperlichen Erkrankungen hilft und sogar zu einer Entlastung der Krankenkassen führen kann.

Die Chancen stehen offenbar nicht schlecht, dass psychotherapeutische Interventionen durchaus das Behandlungsspektrum bei körperlichen Erkrankungen ergänzen könnten. Entsprechende Signale gab es jetzt bei einer Tagung der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) in Berlin.

Hans Dörning, Sozialwissenschaftler am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung (ISEG) in Hannover, kündigte dazu eine Studie an, die voraussichtlich Ende dieses Jahres veröffentlicht wird. Erste Erkenntnisse zeigten: Durch den Einsatz von Psychotherapie bei einigen körperlichen Erkrankungen seien Klinikeinweisungen vermieden worden. Darüber hinaus seien Krankengeldzahlungen verkürzt und Arzneimittelausgaben gesenkt worden. Dörning weiter: "Diese ersten Erkenntnisse werden noch genau ausgewertet. Fakt ist: Wir brauchen mehr Versorgungsdaten."

Johannes Klüsener, Fachreferent für das Versorgungsmanagement bei der Techniker Krankenkasse, warnte davor, hier einen neuen Bedarf zu schaffen. Allerdings fügte er hinzu, dass die TK eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Psychotherapeuten und Ärzten ausdrücklich begrüßen würde, so der gelernte Diplom-Psychologe. Dies sei sicherlich ein Manko auch bei den Disease-Management-Programmen, sagten DPtV-Chef Dieter Best und Dr. Bernhard Gibis von der KBV.

Best verwies auf die aus seiner Sicht jetzt schon gute Studienlage, durch die die Wirksamkeit der psychotherapeutischen Interventionen nach evidenzbasierten Methoden nachgewiesen sei. Best: "Wir machen dennoch die Erfahrung, dass sich die Krankenkassen zurückhalten, die Ergebnisse zu akzeptieren. "

Zuvor hatte Dr. Andrea Benecke, Leiterin des Behandlungsschwerpunktes Psychodiabetologie am Psychologischen Institut der Uni Mainz einige Studien vorgestellt. Dabei ging es unter anderem um psychologische Interventionen zur Verbesserung der glykämischen Kontrolle bei Typ-1-Diabetes. Benecke verwies auf zehn Studien mit Kindern und Jugendlichen, in denen eine "signifikante Reduktion des HbA1c um 0,5 Prozent mit Psychotherapie versus Kontrollgruppe" erreicht werden konnte. Zudem habe es elf Studien mit Erwachsenen gegeben, in denen eine Reduktion des HbA1c um 0,22 Prozent erzielt worden sei (Meta-Analyse Winkley et al., BMJ, 2006). Ähnlich positive Ergebnisse habe es auch bei Typ-2-Diabetikern gegeben, so Andrea Benecke weiter (Meta- Analyse Ismail et al., Lancet, 2004). Darüber hinaus seien die Effekte von Psychotherapie etwa bei Angststörungen, Depressionen und Essstörungen untersucht worden, jeweils mit unterschiedlichem Erfolg.

Über ähnlich positive Einflüsse von Psychotherapie auf den Heilungsprozess bei körperlichen Erkrankungen berichteten Dr. Hans-Günter Budde (Psychotherapie bei Herz-Kreislauferkrankungen) sowie Dr. Paul Nilges vom DRK Schmerzzentrum zum Thema Psychotherapie bei chronischen Schmerzen.

Best, Gibis und Klüsener appellierten dabei ausdrücklich an die Kollegen, die Zusammenarbeit zu suchen. Dies gelte nicht nur für DMP, sondern für alle Vertragsformen und damit auch für Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung. Selbstkritisch räumte Best ein, dass auch die Zusammenarbeit zwischen psychotherapeutischen und psychiatrischen Kollegen verbessert werden könnte.

www.dptv.de

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