Evidenzgenerierung

Register als Alternative zu RCT

Der Bundesausschuss will Datenerhebungen zur frühen Nutzenbewertungen sparsam und gezielt einsetzen.

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Berlin. Entsprechend einem Auftrag des GSAV arbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss an einer Verfahrensordnung, in der die Details für anwendungsbegleitende Datenerhebungen für bestimmte Arzneimittel im Rahmen der frühen Nutzenbewertung geregelt werden. Möglich sei dies nun bereits zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens. Klagen dagegen haben keine aufschiebende Wirkung, betonte GBA-Chef Hecken bei einem Symposion von RS – Medical Consult in Berlin.

Damit einher gehen auch Restriktionen für Ärzte: Der GBA kann die Verordnungsfähigkeit solcher Arzneimittel auf Ärzte und Zentren beschränken, die willens und von ihrer Infrastruktur her in der Lage sind, die Datenerhebungen sachgerecht durchzuführen.

Voraussichtlich kommen aber nicht alle Arzneimittel, die der Gesetzgeber nennt – Orphan Drugs sowie Arzneimittel mit konditionierter oder außerordentlicher Zulassung – in Frage. Trotz großer Evidenzlücken werde der GBA die Datenerhebungen auf bedeutsame Konstellationen und schwere Ausprägung der Krankheiten konzentrierten, kündigte Hecken an. Einbezogen würden auch Advances Therapeutical Medicinal Products (ATMP) wegen ihrer künftig wachsenden Bedeutung. Nach Heckens Angaben laufen weltweit über 1000 Studien in einer Fülle von Indikationsgebieten.

Weil randomisierte kontrollierte Studien nicht zugelassen sind, hat das IQWiG untersucht, inwieweit Registerstudien zusätzliche Evidenz verschaffen können. Das Ziel müsse sein, so Dr. Thomas Kaiser vom IQWiG, solche Real-World-Data möglichst an die Qualität von RCT-Daten anzunähern.

Eine Auswertung der Nutzenbewertungsbeschlüsse der vergangenen fünf Jahre habe erhebliche Evidenzlücken bestätigt: Bei insgesamt 87 Beschlüssen konnte nur zu 28 Prozent der Zusatznutzen quantifiziert werden. Nur in gut der Hälfte lagen randomisierte klinische Studien als Erkenntnisquelle zugrunde. Bei rund zwei Drittel der ohne RCT zugelassenen Arzneimittel habe es noch nicht einem einen Vergleich mit einer Standardtherapie gegeben. Ferner habe sich gezeigt, dass Auflagen der EMA, nach der Zulassung weitere Daten zu erheben, nicht ausreichend seien, Fragestellungen der frühen Nutzenbewertung zu beantworten.

Das IQWiG hält Register, insbesondere indikationsspezifische, für geeignet, vorhandene Evidenzlücken zu schließen. Ohnehin anfallende Routinedaten oder die künftig in der elektronischen Patientenakte gespeicherten Daten seien aber sicher nicht ausreichend. Bei internationalen Registern müssen geprüft werden, ob sie auf Deutschland anwendbar seien. Ein großes Hindernis in Deutschland, so Kaiser, sei die „katastrophale IT-Infrastruktur der Krankenhäuser“ – das mache viele Doppelerfassungen erforderlich und verursache bürokratischen Aufwand. (HL)
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