Rheinland-Pfalz

Rheuma-Projekt ermöglicht Hausärzten Hilfe per Telekonsil

Wenn Hausärzte unsicher sind, ob ein Patient unter Rheuma leidet, können sie sich in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und dem Saarland per Telekonsil mit Experten beraten.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Ist es Rheuma? Hausärzte können im Zweifel per Telekonsil Rücksprache mit einem Spezialisten halten.

Ist es Rheuma? Hausärzte können im Zweifel per Telekonsil Rücksprache mit einem Spezialisten halten.

© VOISIN / PHANIE / SCIENCE PHOTO

MAINZ. In der Rheuma-Versorgung herrschen katastrophale Engpässe – dieses Bild zeichneten Vertreter aus Politik und Selbsthilfe bei der Vorstellung des Projekts "Rheuma-VOR" in Mainz. Denn gerade am Anfang der Erkrankung wird wertvolle Zeit verschenkt, in der der Krankheitsverlauf maßgeblich beeinflusst werden könnte. "Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen im Schnitt erst ein Jahr nach Beginn der Krankheit einen Rheumatologen treffen", sagte Professor Erika Gromnica-Ihle, Ehrenpräsidentin des Bundesverbandes der Rheuma-Liga.

Mit dem vom Innovationsfonds geförderten Programm, das von Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz, Universitätsmedizin Mainz und Deutscher Rheuma-Liga gemeinsam aufgelegt wurde, soll die Dauer zwischen Auftreten der Beschwerden und Erstdiagnose signifikant verringert werden. "Bisher liegt diese Zeitspanne zwischen zehn und 21 Monaten", sagt Projektleiter Professor Andreas Schwarting. "Das führt zu irreversiblen Schäden und Behinderungen."

Ziel des Projekts "Rheuma-VOR", das sechs Millionen Euro aus dem Innovationsfonds erhält, ist es, den Hausärzten direkte Ansprechpartner zur Seite zu stellen. "Die Aufgabe des Hausarztes ist es, den Patienten zu identifizieren und ein Fax an das Rheuma-Zentrum zu schicken", erklärt Schwarting im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Falls Unklarheit darüber besteht, ob es sich tatsächlich um eine rheumatische Erkrankung handelt, kann der Hausarzt sich per Telekonsil mit einem Rheumatologen beraten – und den Patienten bei Bedarf schnell zum Spezialisten weiterüberweisen. Die Telesprechstunden können mit eigener Kennziffer abgerechnet werden.

Durch diese Methode erreiche man einen Mittelwert von drei Monaten zwischen Auftreten der Beschwerden und rheumatologischem Akuttermin – das spare Geld in der Behandlung und erhöhe die Chancen für einen positiven Krankheitsverlauf.

Grund für die lange Dauer ist die zu geringe Zahl der internistischen Rheumatologen. "In Rheinland-Pfalz kommt ein Rheumatologe auf 200.000 Einwohner – wir fordern zwei Rheumatologen auf 100.000 Einwohner", so Schwarting. Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) gab an, dass in Rheinland-Pfalz knapp 3000 Menschen von rheumatischen Erkrankungen betroffen seien.

Professor Babette Simon, Vorstandsvorsitzende und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, sagte, in Deutschland gebe es 1,5 Millionen Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen – aber nur 776 Rheumatologen. Es fehlten zusätzlich mindestens 500 weitere, um die Mindestversorgung abdecken zu können.

Gromnica-Ihle von der Rheuma-Liga weiß jedoch, dass das Defizit an Spezialisten nicht von jetzt auf gleich zu beheben sein wird. "Wir haben in Deutschland 35 Fakultäten, an denen Medizin studiert werden kann, aber nur sieben Rheumaprofessuren", kritisiert sie. Ihre Forderung: "Wir müssen an jeder Fakultät einen Lehrstuhl für Rheumatologie schaffen!" Nur so könne man den jungen Leuten schon im Medizinstudium Lust aufs Thema Rheuma machen. Außerdem müssten mehr Ausbildungsmöglichkeiten in Fachpraxen geschaffen werden.

"Rheuma-VOR" basiert auf dem bereits seit zehn Jahren bestehenden rheinland-pfälzischen Rheuma-Netzwerk "Adapthera", das eine lückenlose Behandlung und Betreuung zu erreichen von Rheuma-Patienten gewährleisten will, und umspannt neben Rheinland-Pfalz auch Niedersachsen und das Saarland. Außer dem Versuch, die Behandlung zu verbessern, geht es Schwarting und seinem Team auch um das Bestücken einer neu geschaffenen Biomarkerbank und dem seit 2012 laufenden Aufbau eines Rheumaregisters für Rheinland-Pfalz.

Die sechs Millionen Euro sollen investiert werden, um bestehende Rheuma-Zentren weiter auf- und auszubauen, so dass das Projekt auch über die drei Bundesländer hinaus ausgedehnt und auch auf andere Krankheiten übertragen werden kann. Nach drei Jahren soll das Vorhaben extern evaluiert werden.

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