Sehbehinderung

Sehr viele Heimbewohner sehen keinen Augenarzt

70 Prozent der Heimbewohner sind sehbehindert – und kommen trotzdem nicht zum Augenarzt. Das soll sich ändern.

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BERLIN. Die immer noch unzureichende augenärztliche Versorgung in Altenheimen führt zu vermeidbaren schweren Sehbehinderungen bis hin zur Blindheit und ist ein hohes Risiko beispielsweise für Stürze und schwere Pflegebedürftigkeit. Weitere Folgen sind erhöhter Pflegeaufwand, zusätzliche Belastung des Pflegepersonals und dadurch steigende Pflegekosten.

Auf diese Defizite hat die Stiftung Auge jetzt in Berlin aufmerksam gemacht und Organisationsverbesserungen für die ophthalmologische Versorgung von Altenheimbewohnern angemahnt.

Als größte Hürde für den Zugang zu einer adäquaten fachärztlichen Versorgung wurde dabei die Organisation und Finanzierung von Fahrdiensten, dazu zählen auch Sammeltaxi-Transporte, identifiziert.

Nach dem Gesetz sind Fahrten zur ambulanten ärztlichen Versorgung in der Regel keine Kassenleistung. Beantragung und Genehmigung für jeden Einzelfall sind für die Heime organisatorisch sehr aufwendig.

Viele der genutzten Brillen sind nicht mehr geeignet

Im Rahmen der Studie OVIS (Ophthalmologische Versorgung in Seniorenheimen) der Stiftung Auge, an der 600 Patienten in 32 Heimen freiwillig teilgenommen haben, hat Professor Frank Holz (Universität Bonn) ermittelt, dass die Heimbewohner im Durchschnitt mehr als vier Jahre keinen Augenarzt gesehen haben.

Bei 40 Prozent von ihnen stellte er eine altersbedingte Makuladegeneration fest, bei 20 Prozent einen grünen Star, bei 50 Prozent einen grauen Star. Unbehandelt führen diese Krankheiten schleichend zur Erblindung. Sehr häufig seien die von diesen Patienten genutzten Brillen nicht mehr geeignet und dringend korrekturbedürftig.

Als wesentliche Ursachen dieser Defizite nennt Holz die Immobilität von Heimbewohnern, die fehlende Finanzierung des Transports durch die GKV, mangelhafte Dokumentation augenmedizinischer Aspekte in den Heimen sowie unterentwickeltes Bewusstsein und mangelnde Kenntnisse des Pflegepersonals. Es seien in der Studie kaum Unterschiede zwischen Stadt und Land festgestellt worden – die Nähe zum Augenarzt sowie die Facharztdichte spielten keine Rolle.

Seh-Test bei Aufnahme ins Heim gefordert

Die Heidelberger Altersforscherin Professor Ursula Lehr forderte, Heimbewohnern einen möglichst frühen Zugang zur augenärztlichen Versorgung zu verschaffen. Generell sollte bei der Aufnahme ins Heim ein Seh-Status erhoben werden. So könne das Risiko vermieden werden, dass Symptome einer Sehbehinderung als Demenz fehlinterpretiert würden.

70 Prozent der Heimbewohner leiden nach Angaben des Geschäftsführers des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), Herbert Mauel, unter schweren Sehbehinderungen.

Dieser Anteil ist höher als der der Demenzkranken. Relativ einfache Maßnahmen können mehr Sicherheit schaffen: Handläufe, deutliche und gleichartige Markierungen für Stufen und Kontraste auf den Tischen zur besseren Orientierung beim Essen.

„Sehbehinderung der Heimbewohner ist eine essenzielle Belastung für das Pflegepersonal“, sagte Mauel. Das Ziel müsse sein, nach dem Vorbild der zahnärztlichen Versorgung auch die augenärztliche Betreuung in den Heimen sicherzustellen. (HL)

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