Rabatte als Krankmacher?

Streit um "Impfstoff-Chaos" in Bayern

Dass die aktuelle Grippewelle Bayern so hart trifft, liegt nach Meinung des Hausärzteverbandes auch am Rabattvertrag beim Grippeimpfstoff. "Billige Polemik", kontern die Kassen.

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Jeder 3548 Einwohner Bayerns ist an einer Influenza erkrankt.

Jeder 3548 Einwohner Bayerns ist an einer Influenza erkrankt.

© Clerkenwell_Images/istockphoto.com

MÜNCHEN. Haben die Lieferengpässe beim Grippeimpfstoff in Bayern im vergangenen Herbst jetzt zu mehr Influenzafällen im Freistaat geführt? Der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) sieht deutliche Zusammenhänge, die Kassen widersprechen aufs Heftigste.

Die Folgen des "Impfstoff-Chaos", so der BHÄV, seien für Bayern dramatisch. Zeitgleich habe die Grippewelle in den vergangenen Wochen Bayern und Baden-Württemberg erreicht.

Doch während dem Robert Koch-Institut aus Baden-Württemberg 1737 Influenzafälle gemeldet wurden, seien es in Bayern mit 3550 Erkrankungen doppelt so viele.

Vorwurf: Unzureichende Impfquote

Auf die Bevölkerung verteilt gebe es in Baden-Württemberg auf 6246 Einwohner einen Influenza-Patienten, in Bayern sei dagegen jeder 3548. Bürger an einer echten Grippe erkrankt, teilte der BHÄV mit.

Grund dafür sei der Rabattvertrag, den die Kassen in Bayern mit einem Hersteller geschlossen hatten und der nicht rechtzeitig bedient werden konnte.

"Die paar Cent, die die Kassen in Bayern meinten über Rabattverträge sparen zu können, kommen jetzt uns allen teuer zu stehen", sagte BHÄV-Vorsitzender Dr. Dieter Geis.

Die Kassen müssten künftig auf solche Ausschreibungen verzichten. Den Impfbemühungen der Ärzte und der STIKO sei ein Bärendienst erwiesen worden. Das zeige die ohnehin unzureichende Impfquote, die jetzt noch weiter nach unten abgesackt sei, so Geis.

Kassen: Vorschnelle Folgerungen

Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern widersprach dieser Darstellung.

"Auf Grundlage der vorliegenden Daten können derzeit in keiner Weise seriös und wissenschaftlich Impf- und Erkrankungshäufigkeit in Baden-Württemberg und Bayern in einen Zusammenhang gestellt werden", heißt es in einer Stellungnahme.

Nach den aktuellen Zahlen des RKI gebe es in Baden-Württemberg derzeit sogar mehr Praxisbesuche wegen Influenza. Und in der 9. Kalenderwoche seien aus Baden-Württemberg 25 Prozent mehr Fälle als aus Bayern gemeldet worden.

Statt die Bevölkerung mit "billiger Polemik" zu verunsichern, hätte der BHÄV besser die angekündigte umfassende Evaluation der aktuellen Grippesaison durch die Landesarbeitsgemeinschaft Impfen abwarten sollen, meinen die Krankenkassenverbände. (sto)

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