Thüringen lockt junge Ärzte mit Stipendium in die Niederlassung

In Thüringen haben die KV und das Sozialministerium das erste Stipendium für den hausärztlichen Nachwuchs vergeben. Die erste Stipendiatin will sich in Gera niederlassen.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Erstes Stipendium vergeben: Anne Fleischer, Ministerin Heike Taubert und die Vorsitzende der KV Thüringen, Regina Feldmann (v.l.). © rbü

Erstes Stipendium vergeben: Anne Fleischer, Ministerin Heike Taubert und die Vorsitzende der KV Thüringen, Regina Feldmann (v.l.). © rbü

© rbü

ERFURT. Ein Zeichen gegen den Ärztemangel will die "Stiftung für die ambulante ärztliche Versorgung Thüringens" setzen und hat am Mittwoch ihr erstes Stipendium vergeben. Stipendiatin Anne Fleischer verpflichtete sich im Gegenzug zur Niederlassung in Thüringen und erhält dafür monatlich 250 Euro. Die von der KV Thüringen (KVT) und der Landesregierung im vergangenen Jahr gegründete Stiftung will mit insgesamt zehn Stipendien die "drohende Unterversorgung nicht nur einzelner Gebiete, sondern des ganzen Bundeslandes" bekämpfen, sagte KV-Vorsitzende Regina Feldmann.

Fleischer, die in Jena Medizin studiert hat und vor einem halben Jahr am Waldklinikum Gera ihre Facharztausbildung zur Allgemeinmedizinerin aufgenommen hat, will sich in Gera niederlassen und dort die Praxis ihrer Mutter übernehmen. "Schon seit meiner Kindheit wollte ich nichts anderes machen", sagte sie. Für Gesundheitsministerin Heike Taubert (SPD), die Fleischers verpflichtende Unterschrift entgegennahm, ist dies aber nur ein Anfang: "Wir müssen noch mehr junge Ärzte an die Region binden. Thüringen ist ein attraktives Bundesland." Laut KV fehlen im Land momentan 104 Hausärzte und 22 Fachärzte. Besonders drastisch ist die Lage in Gotha mit 16 offenen Stellen für Allgemeinärzte, in Gera sind es drei. "40 Prozent aller Hausärzte sind älter als 60. In wenigen Jahren wird das Problem noch sehr viel größer sein", warnt Feldmann.

Die Zahl der Stipendien, die sich derzeit nur an Allgemeinmediziner richten, soll deshalb noch ausgebaut werden. Das Stiftungskapital mit rund 300 000 Euro sei noch klein, aber im Wachstum - man werbe um weitere Stifter, so die KVT. Auch die Höhe der Förderung soll dann steigen. "Allerdings können wir das Problem Ärztemangel nicht hier in Thüringen allein lösen", betont Feldmann. "Die Hälfte aller Medizinstudenten geht nach dem Examen nicht in den Arztberuf. Angehende Ärzte müssen eine bessere wirtschaftliche Perspektive haben", fordert sie. Gerade auf dem Land werden in Thüringen Ärzte und Patienten immer älter. "Auch die Kommunen müssen deshalb mit an einem Strang ziehen. Denn nicht alle Standorte werden in 20 Jahren noch wirtschaftlich zu betreiben sein", sagte die KV-Chefin.

Ihre Kritik richtete sich aber auch gegen den Bund: "Beim Aufbau Ost sind das Gesundheitswesen und vor allem der ambulante Bereich total vernachlässigt worden." Höhere Morbidität, geringere Arztdichte - auf diese ostdeutsche Situation müsse stärker eingegangen werden.

Hinzu kommt, dass es bis im vergangenen Jahr in Thüringen keinen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin gegeben hat. "Da fehlte schon im Studium die Wertschätzung", bestätigt Fleischer. Mit dem Stipendium soll sich das jetzt ändern. Zwei weitere Anwärter gibt es bereits.

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen