Adipositas und Diabetes
Wissenschaftsbündnis DANK sieht mutlose Präventionspolitik am Werk
Außer Sonntagsreden kommt wenig: Insbesondere bei der Verhältnisprävention nichtübertragbarer Erkrankungen fehle weiter der politische Gestaltungswille, monieren Fachgesellschaften, Ärzteverbände und Krankenkassen.
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Süß, bunt, nicht immer gesund: Das Wissenschaftsbündnis DANK ruft nach mehr Maßnahmen im Bereich der Verhältnisprävention – darunter eine Steuer auf süße Limos.
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Berlin. Nicht wenige gesundheitspolitische Debatten in Deutschland laufen nach dem Murmeltier-Muster ab. Das grüßt bekanntlich „täglich“. Am Dienstag hat die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) mit einer Stellungnahme zur Prävention gegrüßt. Anlass der Mitteilung: 100 Tage Amtsantritt der neuen Bundesregierung.
Die Bilanz sei „ernüchternd“, schreibt die DANK, der 23 medizinische Fachgesellschaften, Verbände – darunter der der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte (BVKJ) – sowie Forschungseinrichtungen und Krankenkassen angehören. Insbesondere bei der „dringend benötigten“ Verhältnisprävention nichtübertragbarer Erkrankungen fehle noch immer der politische Gestaltungswille.
„Keine oder die falschen Schlüsse“
Unterm Strich: Geredet wird viel, getan wenig. „Nach 100 Tagen verfestigt sich der Eindruck, dass zwar gern und viel über Prävention gesprochen wird, politisch aber noch immer keine oder die falschen Schlüsse gezogen werden“, so DANK-Sprecherin Barbara Bitzer, die auch Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ist.
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Prävention und der Koalitionsvertrag – Ignoranz oder Feigheit?
Nichtstun aber ist gefährlich – mindestens teuer für das Gesundheitssystem. Folgende Zahlen, schreibt die DANK, sprächen diesbezüglich Bände:
- Fast jeder fünfte Erwachsene in Deutschland, also mehr als die Hälfte der Deutschen, ist adipös. Bei Menschen mit niedriger Bildung sogar fast jeder Dritte.
- Dabei wird Adipositas in Deutschland laut OECD-Prognosen bis zum Jahr 2050 rund elf Prozent der Gesundheitsausgaben verursachen.
- Mehr als neun Millionen Menschen in Deutschland leben mit Diabetes mellitus – bis zum Jahr 2040 werden es mindestens zwölf Millionen sein. Bereits heute kostet Diabetes rund 30 Milliarden Euro pro Jahr.
Steuer auf süße Limos
Was es brauche? „Evidenzbasierte Maßnahmen“ wie eine Steuer auf stark zuckergesüßte Getränke, Werbebeschränkungen für Ungesundes, wenn sich die Produkte an Kinder richten, mehr Bewegung in Kita und Schule oder eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung mit dem Nutri-Score – obwohl diese Maßnahmen in anderen Ländern bereits Wirkung entfalteten, heißt es in der DANK-Mitteilung.
Wahrscheinlichkeit, dass etwas davon kommt? Eher gering. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD findet sich wenig – nur der Hinweis, dass man mit Blick auf Ernährung auf „Freiwilligkeit, Anreize und Eigenverantwortung“ setzen will. Das Murmeltier – es wird weiter grüßen. (hom)