Techniker Krankenkasse vs. Ärzte
Sparvorschläge von TK-Chef Baas: Ärztevertreter geben Kontra
Ausgerechnet kurz vor den Honorargesprächen schlägt Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, eine Nullrunde vor. Die KBV-Spitze um Andreas Gassen wundert sich: Das fordere nicht einmal der GKV-Spitzenverband.
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„Gelinde gesagt erstaunlich“: KBV-Chef-Dr. Andreas Gassen zu den Sparvorschlägen der Techniker Krankenkasse.
© picture alliance / Flashpic | Jens Krick
Berlin. Wenige Tage vor Beginn der Honorarverhandlungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband schlagen die Wellen hoch. Die Sparvorschläge des Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse (TK), Dr. Jens Baas, stoßen in der Ärzteschaft auf zum Teil scharf formulierte Ablehnung.
„Es ist, gelinde gesagt, erstaunlich, dass ausgerechnet kurz vor dem Start der Finanzierungsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband der Chef der TK, Dr. Jens Baas, nicht nur eine Nullrunde fordert, sondern auch noch gesetzliche Regelungen wieder abschaffen will, die – wie politisch gewollt – wirken, indem sie zusätzliche Termine für Patienten mit sich bringen“.
„Akute Gefährdung der Versorgung“
Nicht einmal der GKV-Spitzenverband habe dies gefordert, merkten KBV-Chef Dr. Andreas Gassen, sein Stellvertreter Dr. Stephan Hofmeister und Vorständin Dr. Sibylle Steiner am Dienstag an.
Auch der Spitzenverband Fachärzte (SpiFa) kritisierte den Chef der größten Krankenkasse im Land. Sein Sparprogramm bedeute eine „akute Gefährdung der Gesundheitsversorgung von gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten.
Baas hatte am Montag eine „Ausgabenwende“ für die GKV angeregt. Teil eines Zehn-Punkte-Programms der TK dafür ist auch das einmalige Aussetzen der jährlich neu zu verhandelnden Steigerungen des Orientierungspunktwertes, letztendlich also der Honorare. 1,7 Milliarden Euro ließen sich so auf Kassenseite sparen.
Zudem regte Baas an, mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführte Zuschläge wieder zu kassieren (225 Millionen). Selbst die Entbudgetierung der Kinder- und Jugendärzte stellte er auf den Prüfstand (150 Millionen).
Heinrich spricht von „Kaputtsparen“
Insgesamt forderte Baas von allen Teilnehmern an der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung einen Sparbeitrag von rund 8,2 Milliarden Euro, um das für 2026 drohende Defizit der GKV in vergleichbarer Höhe auszugleichen.
„Während an anderer Stelle Milliarden in das Gesundheitssystem gekippt werden, ohne dass damit wirkliche Verbesserungen der Versorgung einhergehen, will die Kassenlobby mit ihren Forderungen die fachärztliche ambulante Versorgung kaputtsparen“, warnte Heinrich.
Defizit bei Sozialversicherungen
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Der KBV-Vorstand wiederum verwies darauf, dass Vergütungsanpassungen zwingend notwendig seien. Steigende Löhne, die den Kassen Mehreinnahmen bescherten, beträfen auch die Praxen. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte müssten die Lohnsteigerungen allerdings selbst erwirtschaften.
Reinertrag der Praxen im Sinkflug
Die KBV-Spitze machte zudem darauf aufmerksam, dass die Forderung nach dem Zurückfahren der Zuschläge aus dem TSVG auch bedeute, dass Baas „bewusst das Terminangebot für die Versicherten zurückfahren will“. Mehr Termine und noch weniger Geld gleichzeitig gehe nicht.
Kritik drang auch aus den Ländern. Baden-Württembergs KV-Chef Dr. Karsten Braun nannte die Forderungen der TK „nicht angemessen und nicht nachvollziehbar“. Es gebe Engpässe in der kinder- und jugendlichen Versorgung ebenso wie Wartezeiten auf psychotherapeutische Termine.
Hier Mittel zu kürzen und zu sparen, passe nicht zusammen, sagte Braun. Ausweislich der Daten des Statistischen Bundesamtes sei der Reinertrag in den Praxen gesunken. Er warne davor, die Attraktivität der Niederlassung zu verringern. (af)