Verschärft Thüringens HVM den Ärztemangel?

Für die gesetzlich Versicherten in Thüringen könnte es in Zukunft schwieriger werden, einen Arzttermin zu bekommen. Schuld daran soll die neue Honorarverteilung sein.

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Neu an der Thüringer vdek-Spitze: Arnim Findeklee

Neu an der Thüringer vdek-Spitze: Arnim Findeklee

© vdek

ERFURT (rbü). Ein neuer Kopf, dieselben Probleme: Arnim Findeklee hat die Ära Domrös im Ersatzkassenverband Thüringen beendet.

Der neue Ersatzkassenchef schlägt zwar sanftere Töne an als sein Vorgänger, doch inhaltlich herrscht Kontinuität: Bettenabbau in den Krankenhäusern, keine Panikmache beim Thema Ärztemangel und bessere Verzahnung der Sektoren.

Die Probleme geben die Agenda vor. Der studierte Rechtsanwalt arbeitet seit 21 Jahren im GKV-Bereich, angefangen bei der HEK in Hamburg, seit 2000 im vdek Thüringen. Er übernimmt das Ruder in einer guten Phase, wie die Diskussion über Beitragserstattungen zeigt.

"Die Lage kann aber schnell wieder kippen", sagt Findeklee. "Wir beobachten sehr kritisch, dass die Ausgaben für Arzneimittel wieder um vier bis fünf Prozent steigen."

Ebenfalls mit Sorge sieht er den neuen Honorarverteilungsmaßstab (HVM), den sich die Thüringer Kassenärzte gegeben haben. Er sei "leistungsfeindlich" und ungeeignet, die Versorgung zu stimulieren, kritisiert Findeklee.

Ab Juli will die KV ohne Regelleistungsvolumina vergüten, stattdessen zwei Drittel der Leistungen mit festem Punktwert, den Rest floatend.

Diskussion honorarmotiviert?

Ein ähnliches System herrschte bereits bis 2008. "Damals war es so, dass mit 65 Prozent der Leistung bereits 90 Prozent des Honorars abgedeckt waren", sagt Findeklee.

Die Arbeit für das restliche Drittel habe sich für viele Ärzte kaum gelohnt. "Die Gefahr ist, dass es bald schwieriger wird, einen Termin beim Arzt zu bekommen."

Der Ärztemangel könnte sich nun verschärfen. Vor allem bei den Hausärzten. Findeklee warnt allerdings vor Panikmache: "Von einer Unterversorgung sind wir noch ziemlich weit entfernt."

Die Zahlen der KV, die von 250 fehlenden Hausärzten spricht, gelten für 110 Prozent Versorgungsgrad; bei 100 Prozent Versorgungsgrad fehlen etwa 100 Ärzte.

"Und damit kommen wir auch aus", sagt Findeklee, mit einem kleinen Seitenhieb: "Sicherstellungsdiskussionen haben natürlich immer eine berufspolitische und honorarmotivierte Komponente." Bei den Fachärzten sei, bis auf Augenärzte, sogar fast ganz Thüringen gesperrt.

In der Krankenhausplanung müsse der rasante Bevölkerungsrückgang und die Konzentration in Zentren Folgen haben: 1200 von 14500 Betten seien in den nächsten acht Jahren überflüssig.

Kleine Fachabteilungen sollten aus Qualitätsgründen geschlossen werden. Thüringen sei mit 42 Kliniken an 54 Standorten sehr gut versorgt.

Amtsvorgänger Michael Domrös hatte zum April nach 16 Jahren die vdek-Leitung in Thüringen abgegeben und wechselte in die Berliner Verbandszentrale.

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Kommentare
Dr. jens wasserberg 06.06.201208:18 Uhr

Zynismus pur

Es ist schon klar, dass der VDEK lieber floatende Punktwerte für alle Leistungen hätte, damit sich Leistung ''wieder lohnt ''. Leistungsfeindlich ist die begrenzte Bezahlung, und nicht die Anpassung der Arbeit an die begrenzte Bezahlung. Ob man heute solche grundlegenden betribswirtschaftlichen Zsammenhänge nicht mehr im Studium der Rechtswissenschaften vermittelt bekommt ?
Wenn der VDEK mehr Leistungen haben will, muss er einfach mehr bezahlen. Tut er dass nicht, hat er zwangsweise keinen Anspruch auf Leistungsausweitung. Das eine ablehnen, aber das andere gleichzeitig fordern, ist zynisch und unverschämt. Warum übrigens jährlich eine Zunahme der Arzneikosten um 3-5% allenfalls kritisch beobachtet wird, eine Zunahme der ärztlichen Gesamtvergütung aber gesetzlich auf 0,75 - 1.5 % begrenzt wird, bleibt auch ein Mysterium unserer Gesellschaft.

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