Patientensicherheit

Viele Dimensionen

Bei der Patientensicherheit sieht sich auch die Politik in der Verantwortung, beispielsweise durch Entscheidungen über Strukturen und Finanzausstattung von Kliniken. Auch die Verantwortungsfähigkeit von Patienten spielt eine Rolle.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

HAMBURG. Das deutsche Gesundheitswesen ist mit der Fehlerkultur ein gutes Stück vorangekommen. Für weitere notwendige Fortschritte sehen Politik, Krankenkassen und Klinikträger neben den in der Patientenversorgung unmittelbar tätigen Ärzten auch sich selbst in der Verantwortung.

Dies zeigten Aussagen auf dem dritten Hamburger Symposium Patientensicherheit, bei dem die "Ärzte Zeitung" Medienpartner war.

Fehlerkultur wird besser

Keine Schuldzuweisungen, sondern Fehler als Chance begreifen und den Blick über den Tellerrand richten: Diese Marschroute in Sachen Fehlerkultur zeigte sich sowohl in der Eröffnungsrede von Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) als auch in den Statements des Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse, Dr. Jens Baas, und Asklepios-Konzerngeschäftsführer Dr. Thomas Wolfram – beide sind Ärzte und kennen aus ihren früheren Tätigkeiten noch die Neigung von Kliniken, nicht immer transparent mit Fehlern umzugehen.

Als Veranstalter des Symposiums machten sie klar, dass aus ihrer Sicht in vielen Krankenhäusern inzwischen ein Umdenken eingesetzt hat. Dass auch Fehlervermeidung in vielen Kliniken heute eine wichtige Rolle spielt, zeigten auf dem Kongress vorgeführte Simulationstrainings für den OP.

Konfrontation ist kontraproduktiv

Die Fehlerkultur ist aus Baas' Sicht neben der Qualität der Versorgung und der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung der entscheidende Baustein für mehr Patientensicherheit. Dabei machte er deutlich, dass nach seiner Ansicht Transparenz über Fehler am leichtesten zu erreichen ist, wenn nicht bestraft wird.

"Fehler sind ein gemeinsames Problem, das nur gemeinsam gelöst werden kann", sagte er an die Adresse der Selbstverwaltungspartner im Gesundheitswesen. Und: "Wir dürfen uns nicht als Gegner begreifen."

Seine Kasse versucht, ihren Beitrag zur Patientensicherheit durch Aufklärungsfilme im Internet und durch Kurse zur Stärkung der Gesundheitskompetenz zu leisten. Ziel ist der mündige Patient, der sich auch traut, den Arzt kritisch zu hinterfragen: "Der Patient soll an der richtigen Stelle das richtige fragen."

Auch Prüfer-Storcks will das Thema Patientensicherheit nicht auf Behandlungsfehler eingegrenzt wissen. Eine gute Fehlerkultur mit der Meldung auch von Beinahe-Fehlern ist für sie nur einer von drei Bausteinen. Die Vermeidung von Fehlern setzt für sie schon in der Krankenhausplanung an.

Die dafür zuständigen Bundesländer könnten schon in der Planung dafür sorgen, dass die Krankenhäuser durch Ausstattung und Schwerpunktsetzung in die Lage versetzt werden, die geforderte Behandlungsqualität zu liefern.

Für wichtig hält Prüfer-Storcks auch eine bessere Koordination im deutschen Gesundheitswesen – "damit die Patienten nicht herumirren". Es sei Aufgabe der Politik, den Menschen besser zu erklären, wo sie am wirksamsten Unterstützung erhalten.

Das Beispiel der oft mit Bagatellfällen überlasteten Notfallaufnahmen zeigt aus ihrer Sicht, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Als weiteren Punkt für eine bessere Patientensicherheit nannte die Senatorin eine ausreichende Personalausstattung in den Krankenhäusern. "Es gibt hier einen Zusammenhang zu Fehlern und vermiedenen Komplikationen", sagte sie in Richtung Klinikträger.

Nach ihren Angaben belegen Studien, dass 30 Prozent der aufgetretenen Fehler durch eine Optimierung in der Klinikorganisation vermeidbar gewesen wären. Insbesondere die dünne Personaldecke in der Pflege hält sie für ein Problem – an dessen Lösung aber bereits in einer Expertengruppe gearbeitet werde.

Asklepios-Chef Wolfram appellierte in diesem Zusammenhang an die Politik, "mit Augenmaß" vorzugehen. "Personalvorgaben allein sind nicht zielführend." Er gab zu bedenken, dass die gewünschten Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt gar nicht frei sind.

Auch Asklepios setzt wie die TK auf Information von Patienten. Diese Information dürfe aber nicht verordnet werden und unter Zwang erfolgen. "Man muss Information zur Verfügung stellen, aber nicht aufdrängen", sagte Wolfram.

Diese Linie hat offenbar Erfolg. Die vom Konzern ins Netz gestellten Patientenfilme wurden nach seinen Angaben schon über zwei Millionen Mal aufgerufen.

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