World Medical Association
WMA aktualisiert Medizinethikkodex – jetzt mit Patientenautonomie und Fernbehandlung
Berlin. Der Weltärztebund (WMA) hat den Internationalen Medizinethikkodex aktualisiert. Nach rund drei Jahren Arbeit wurde die Revision am Samstag bei der WMA-Generalversammlung in Berlin einstimmig von den Vertretern der nationalen Ärzteverbände angenommen.
Die neue Fassung enthält erstmals Abschnitte zur Patientenautonomie, zur eigenen Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten, zur Fernbehandlung und zur ökologischen Nachhaltigkeit. Erstmals wurde der Kodex 1949 verabschiedet, zwei Jahre nach der WMA-Gründung. Die letzte Revision war 2006 beschlossen worden.
Der Kodex soll für Ärztinnen und Ärzte weltweit die ethischen Grundsätze der Berufsausübung normieren. Die nationalen Mitgliedsverbände ratifizieren sie in ihren lokalen Vorschriften, in Deutschland über die Musterberufsordnung (MBO) – wenigstens in Teilen, denn eine Pflicht dazu besteht für die WMA-Mitglieder nicht.
Keine Zweitmeinungspflicht bei strittigen Themen
Laut WMA war der strittigste Aspekt während der Überarbeitung eine geplante Überweisungspflicht an Kollegen, wenn man selbst umstrittene Eingriffe, etwa einen Schwangerschaftsabbruch oder Suizidassistenz ablehnt. Ein erster Vorschlag hatte vorgesehen, dass Ärztinnen oder Ärzte, die diese Maßnahmen ablehen, ihre Patienten dann an Kollegen hätten verweisen sollen.
Die WMA spricht nun von einem Kompromiss. Im neuen Kodex heißt es, dass Themen geben können mit „tiefgreifenden moralischen Dilemmata“, „zu denen Ärzte und Patienten tiefgreifende, aber gegensätzliche Gewissensüberzeugungen haben können“.
Die neue Regelung in Ziffer 30 des Kodex lautet nun: „Ein Arzt darf aus Gewissensgründen nur dann eine rechtmäßige medizinische Maßnahme verweigern, wenn der einzelne Patient nicht geschädigt oder diskriminiert wird und wenn die Gesundheit des Patienten nicht gefährdet ist. Der Arzt muss den Patienten unverzüglich und in respektvoller Weise über seine Ablehnung und sein Recht informieren, einen anderen qualifizierten Arzt zu konsultieren, und ihm ausreichende Informationen zur Verfügung stellen, damit der Patient eine solche Konsultation rechtzeitig einleiten kann.“ Vergleichbare Regelungen kennt die hiesige MBO bis dato nicht.
Autonomie der Patienten wird gestärkt
Deutlicher als bisher wird auch die Patientenautonomie thematisiert. In Ziffer 14 heißt es nun: „Bei der medizinischen Versorgung muss der Arzt die Würde, die Autonomie und die Rechte des Patienten respektieren. Der Arzt muss das Recht des Patienten respektieren, die Behandlung im Einklang mit seinen Werten und Präferenzen frei zu akzeptieren oder abzulehnen.“
Bisher hieß es schlicht: „Ein Arzt muss das Recht eines mündigen Patienten respektieren, eine Behandlung zu akzeptieren oder abzulehnen.“
Erstmals wird in dem Kodex auf Ökologie und Umweltschutz Bezug genommen: „Der Arzt sollte sich bemühen, die Medizin in einer Weise auszuüben, die ökologisch nachhaltig ist, um die umweltbedingten Gesundheitsrisiken für heutige und künftige Generationen zu minimieren.“
Vorsichtige Regeln zur Telemedizin
Auch neu im Kodex ist die Fernbehandlung. Im Kodex heißt es zurückhalten: „Bei der medizinischen Versorgung aus der Ferne muss der Arzt sicherstellen, dass diese Form der Kommunikation medizinisch vertretbar ist und dass die notwendige medizinische Versorgung gewährleistet ist. Der Arzt muss den Patienten auch über die Vorteile und Grenzen der medizinischen Versorgung aus der Ferne informieren, die Zustimmung des Patienten einholen und sicherstellen, dass die Vertraulichkeit gewahrt bleibt. Wo immer es medizinisch sinnvoll ist, muss der Arzt bestrebt sein, den Patienten in direktem, persönlichem Kontakt zu versorgen.“ (nös)