Vertreterversammlung der KV Thüringen
Weniger Ärzte, steigende Kosten: Bereitschaftsdienst in Thüringen vor Herausforderungen
Obwohl die Kassen ihre finanzielle Unterstützung stark erhöht haben, steigen in Thüringen die Kosten für den Bereitschaftsdienst. Bei einer Reform werden daher auch neue Strukturen ein Thema sein.
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Eine Stellschraube bei der Reform des Bereitschaftsdienstes könnten größere Fahrdienstbereiche sein – dann würden aber auch die Fahrtwege für die diensthabenden Ärzte länger.
© Sebastian Gollnow / dpa / picture alliance
Erfurt. In Thüringen zeichnen sich Änderungen in der Organisation des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes ab. Hintergrund sind verminderte Arztzahlen, viele unbesetzte Hausartsitze und Kostensteigerungen etwa für den von der KV organisierten Fahrdienst – bei zugleich gestiegenem Versorgungsbedarf. Das Thema beschäftigte die Vertreterversammlung der KV Thüringen bei ihrer jüngsten Sitzung.
Die derzeitige Bereitschaftsdienststruktur besteht seit etwa 15 Jahren. Damals wurden etwa zwei Dutzend Bereitschaftsdienstzentralen für den sogenannten Sitzdienst eingerichtet, die sich zumeist an Krankenhäusern befinden.
Für Patienten mit akuten Beschwerden, die nicht in der Lage sind, sich selbst zu diesen Anlaufstellen zu begeben, gibt es einen Fahrdienst, der Ärzte zu Hausbesuchen fährt und mit dem die KVT externe Dienstleister wie Hilfsorganisationen beauftragt hat.
Gemanagt wird der Bereitschaftsdienst über die Vermittlungszentrale der KVT unter der zentralen Rufnummer 116 117. Seit knapp drei Jahren ergänzt eine Videosprechstunde den Bereitschaftsdienst.
Umlage beträgt 400 bis 500 Euro pro Quartal
Zur Finanzierung der Strukturen wurde eine von allen ambulant tätigen und zum Bereitschaftsdienst verpflichteten Ärzten zu zahlende Umlage eingeführt. Die gesetzlichen Krankenkassen beteiligen sich ebenfalls an den Strukturen. Sowohl Umlage als auch Kassenstützung haben sich kontinuierlich erhöht, wie aus von der KVT-Vorsitzenden Annette Rommel der Vertreterversammlung vorgelegten Zahlen hervorgeht.
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Beteiligten sich die Kassen 2022 mit fast 2,4 Millionen Euro, stützten sie die Strukturen im vergangenen Jahr mit rund 5,2 Millionen Euro. Die von den Ärzten zu zahlende gestützte Bereitschaftsdienstumlage bewegte sich seit 2022 mit Schwankungen zwischen knapp 400 Euro und etwas mehr als 500 Euro je Quartal. Ohne die Kassenstützung wären etwa im vierten Quartal 2024 rund 778 Euro fällig geworden.
Aber nicht nur die Kostenfrage spielt eine Rolle bei den möglichen Änderungen. Rommel und weitere Ärzte verwiesen auch darauf, dass die Ressource Arzt wertvoll sei – und im Bereitschaftsdienst zu oft durch Bagatellfälle in Anspruch genommen werde. Aktuell sind in Thüringen allein 115,5 Hausarztsitze unbesetzt, die verbliebenen Praxisinhaber haben umso mehr zu tun.
Größere Fahrdienstbereiche bedeuten längere Wege
Mögliche Änderungen der Strukturen, auf die auch die erwartete Notfallreform des Bundes Einfluss haben dürfte, könnten der verstärkte Einsatz von Telemedizin und eine Vergrößerung der Fahrdienstbereiche sein – was freilich längere Fahrtwege bedeuten würde. „Je länger die Wege, desto weniger Patienten kann man sich anschauen“, gab eine Ärztin in der Debatte zu bedenken.
Auch der verstärkte Einsatz geeigneten nichtärztlichen Personals, gegebenenfalls mit telemedizinischer Unterstützung, ist ein Thema. Denn häufig werde der Fahrdiensteinsätzen bei rein pflegerischen Anlässen gerufen, so Rommel – etwa zum Katheterwechsel bei Pflegebedürftigen.
Die Vertreterversammlung will das Thema bei einer Klausurtagung Anfang September weiter beraten. (zei)