Niedersachsen

Zurück zur Richtgrößenprüfung

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Statt Richtgrößenprüfungen hat in Niedersachsen ein Arzneimittel-Regionalpaket Ärzte zum rationalen Verordnen angehalten. Das ist passé: Die KV will die von Kassen geforderten schärferen Regeln nicht mittragen.

Von Christian Beneker

HANNOVER. Für das laufende Jahr haben die KV Niedersachsen (KVN) und die Krankenkassen kein Arzneimittel-Regionalpaket vereinbart.

Nach Angaben der KVN ist eine erneute Vereinbarung daran gescheitert, dass die Krankenkassen zu hohe Ansprüche an die Verschreibung von Leitsubstanzen gestellt haben.

Dabei waren die Regionalpakete ein Erfolg für die Krankenkassen. Das Prinzip: Werden festgelegte gemeinsame Ausgabenobergrenzen eingehalten, so entfallen für die Ärzte im Nordwesten die Arzneimittelrichtgrößen-Prüfungen. Die Regelung gilt seit 2007.

Kassen fordern schärfere Regelung

Die Abmachung disziplinierte offenbar die Ärzte. Jedenfalls "gab es in den Jahren 2007 bis 2010 aufgrund der Einhaltung der Regionalpakete keine Richtgrößenprüfungen", teilt die KVN mit. Will sagen: Die niedersächsischen Ärzte haben sparsam verordnet.

Dessen ungeachtet forderten die Kassen 2011 eine neue, schärfere Regelung. Seither galt ein dreistufiges Modell: Die Arzneimittelgesamtausgaben im Land müssen um 0,1 Prozent unter dem Bundesschnitt liegen.

Misslingt das, können die Ärzte immer noch bestimmte Obergrenzen bei den zwölf Leitsubstanzen einhalten und so einer Prüfung entgehen.

Gelingt auch dieser zweite Schritt nicht, so kann der einzelne Arzt die Verschreibung der Leitsubstanzen unter den festgelegten Zielwert drücken - und muss sich keine Sorgen um Arzneimittelrichtgrößen-Prüfungen machen.

Tatsächlich haben Niedersachsens Ärzte die vereinbarte Obergrenze für 2011 von rund 2,35 Milliarden Euro erstmals überschritten: Sie haben für etwa 280 Millionen Euro mehr verordnet als vereinbart und nur zehn der zwölf Leitsubstanzquoten eingehalten.

KVN-Sprecher Detlef Haffke führt das Ergebnis auch darauf zurück, "dass es sehr schwierig war, die Leitsubstanzregelung unseren Mitgliedern zu kommunizieren."

Ärzte an Richtgrößen gebunden

Wie dieses Ergebnis bewertet werden soll, darüber gibt es offenbar derzeit keine Einigkeit. "Ob es hier zu Richtgrößenprüfungen kommt, ist noch offen", teilt dazu die KVN mit. Für das Jahr 2012 liegen indessen "seitens der Krankenkassen noch keine belastbaren Zahlen vor", hieß es.

Dennoch wollten die Kassen für 2013 abermals die Spielregeln verschärfen und die Leitsubstanzquoten weiter nach unten schrauben. Der KVN passte das nicht.

Man habe sich "außerstande gesehen, diesen Weg mitzugehen", heißt es im Niedersächsischen Ärzteblatt. "Aus diesem Grunde wird es für das Jahr 2013 kein Regionalpaket mehr geben."

Mit anderen Worten: Niedersachsens Ärzte müssen wieder Richtgrößen einhalten. Immerhin hat die KVN in Verhandlungen diese um 3,7 Prozent gegenüber 2012 heraufsetzen können.

"Jetzt ist die Frage, wie unsere Mitglieder reagieren werden", sagte KVN-Sprecher Haffke der "Ärzte Zeitung". "Denn jetzt fällt die disziplinierende Wirkung der Regionalpakete weg."

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