Umsatzsteuer

Ärztekammer streitet sich mit Fiskus

Hartnäckig suchen die Finanzbehörden nach umsatzsteuerpflichtigen Einnahmequellen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Was nach einem Einzelfall aussieht, hat bundesweite Relevanz.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Umsatzsteuerpflichtig? Unter anderem ärztliche Fortbildungen sollen den Finanzämtern zu neuen Einnahmen verhelfen.

Umsatzsteuerpflichtig? Unter anderem ärztliche Fortbildungen sollen den Finanzämtern zu neuen Einnahmen verhelfen.

© Jonas Wolff / fotolia.com

KÖLN. Das umfassende Tätigkeitsfeld der Ärztekammern macht die Finanzbehörden hellhörig. Zumindest ein Teil der Aufgaben müsste doch umsatzsteuerpflichtig sein, finden sie offenbar.

In der Auseinandersetzung über das Thema bewegen sich die Kammern auf einem schwierigen Terrain, wie das Beispiel der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) zeigt.

Die ÄKWL streitet sich seit Jahren mit dem Finanzamt Münster Innenstadt über die Frage, ob die Tätigkeit der Kammer im Rahmen der sogenannten externen Qualitätssicherung Krankenhaus umsatzsteuerpflichtig ist oder nicht.

Zwar hat sich die ÄKWL im Frühjahr 2013 mit ihrer Auffassung durchgesetzt, dass die Umsatzsteuerpflicht nicht greift.

Fiskus setzt auf Musterprozess

Aber damit ist die Auseinandersetzung nicht beendet. "Das Finanzamt geht in die nächste Instanz", berichtet ÄKWL-Hauptgeschäftsführer Dr. Michael Schwarzenau. Die Revision beim Bundesfinanzhof ist zugelassen.

Das Verfahren ist von bundesweiter Bedeutung, weil es als Musterprozess für alle Geschäftsstellen der externen Qualitätssicherung gilt.

Die Kernfrage in dem Streit ist, ob die jeweiligen Tätigkeiten der Kammer hoheitlich und der Körperschaft eigentümlich und vorbehalten sind.

Bei der Qualitätssicherung nach Paragraf 137 Sozialgesetzbuch V macht die Finanzämter offensichtlich die Tatsache skeptisch, dass die Kammern dabei mit Krankenkassen und Krankenhausgesellschaften kooperieren.

"Sobald man sich als steuerbegünstigte Institution mit anderen zusammenschließt, kann sich der steuerrechtliche Status verändern", sagt Schwarzenau.

Wenn Geld fließt, wird es verdächtig

Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens zur Qualitätssicherung haben die Münsteraner Finanzbeamten die ÄKWL einer Betriebsprüfung unterzogen. "Dabei ist die gesamte Kammer auf Ertragstätigkeiten hin untersucht worden."

Entscheidend für das Finanzamt sei dabei die Frage, ob in einem Bereich ein sogenannter Leistungsaustausch stattfindet, also Geld für eine Leistung bezahlt wird - unabhängig davon, ob eine Gewinnerzielungsabsicht dahinter steht oder nicht.

"Die Regelungen des Heilberufsgesetzes oder der Bundesärzteordnung sowie die berufsrechtlichen Pflichten der Ärzte interessieren die Finanzbeamten nicht", erläutert er.

Als Ergebnis der Prüfung wurde bei der ÄKWL neben der Kantine und der in Gründung befindlichen Zertifizierungsstelle ÄKZert die Akademie für ärztliche Fortbildung als steuerpflichtig eingestuft.

Bei der Fortbildungs-Akademie ist die Kammer mit einem "blauen Auge" davon gekommen, denn hier greift Paragraf 4, Absatz 22a des Umsatzsteuergesetzes. Er sieht eine Befreiung für "Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art" vor.

Wie steuerschädlich ist Bewirtung bei Fortbildungsveranstaltungen?

Dabei müssen allerdings bestimmte Bedingungen erfüllt sein, unter anderem, dass die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

Unklar ist nach wie vor, ab welchem Umfang die Bewirtung bei Fortbildungsveranstaltungen steuerschädlich ist, sagt Schwarzenau.

Ein halbes belegtes Brötchen pro Person scheint in Ordnung zu sein, wo genau die Grenze liegt, kann aber niemand sagen. "Wir werden uns mit dem Thema weiter beschäftigen müssen."

Die Ärzte, die an den Fortbildungsveranstaltungen der ÄKWL teilnehmen, müssen sich keine Sorgen machen, betont er. "Für die Teilnehmer ändert sich praktisch nichts."

Durch die Einstufung als unselbstständiger Betriebsteil der ÄKWL unterliegt die Fortbildungs-Akademie auch der Körperschafts-, Gewerbe- und Kapitalertragssteuer. "Das hat aber keine Bedeutung, weil keine relevanten Erträge erwirtschaftet werden."

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