Spitzenreiter Baden-Württemberg
BKA-Statistik: Mehr Abrechnungsbetrug im Corona-Jahr 2020
Deutlich mehr Fälle aber kein signifikant höherer Gesamtschaden als im Jahr vor der Pandemie: Insoweit hat die BKA-Statistik zur Wirtschaftskriminalität auch eine gute Seite. Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen hat gleichfalls wieder zugenommen.
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Wirtschaftskriminalität wie Abrechnungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt.
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Wiesbaden. Die Corona-Krise und in deren Gefolge die staatlichen Soforthilfen haben der Wirtschaftskriminalität in Deutschland Auftrieb gegeben. Erstmals seit 2017 habe die Anzahl polizeilich erfasster Fälle auf diesem Gebiet wieder zugenommen, teilte das Bundeskriminalamt am Dienstag mit. Die kriminellen Akteure, heißt es nicht ohne eine gewisse humoristische Note, hätten sich den „zahlreichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie angepasst und die neu entstandenen Möglichkeiten zur Tatbegehung genutzt“.
Demnach seien im Berichtsjahr 49 .174 Wirtschaftsdelikte aktenkundig geworden (Vorjahr: 40 .484). Damit bleibt 2020 aber noch unter dem Fünf-Jahres-Schnitt (seit 2016) von 54 .365 Delikten.
Für 150 Millionen Euro Corona-Hilfen erschlichen
Das Gros der zuletzt mehr als 20-prozentigen Fallzahlzunahme ging auf das Konto des Subventionsbetruges, auf dem auch die missbräuchliche Inanspruchnahme der sogenannten „Corona-Soforthilfen“ verbucht wird; insgesamt seien 7585 Fälle von Subventionsbetrug zu verzeichnen gewesen (Vorjahr: 318).
Durch die Auszahlung betrügerisch erlangter Corona-Soforthilfen sind dem Steuerzahler laut BKA rund 151,3 Millionen Euro Schaden entstanden. Den Schaden, der vergangenes Jahr insgesamt durch Wirtschaftsdelikte in Deutschland verursacht wurde, beziffert die Wiesbadener Oberbehörde auf 3,011 Milliarden Euro (+1,3 Prozent), „was gemessen an dem in der Polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesenen Gesamtschaden in Höhe von 6,7 Milliarden Euro einem Anteil von 44,9 Prozent entspricht“, wie es weiter heißt.
In der Sektorbetrachtung des Gesundheitswesens weist die BKA-Statistik vor allem Abrechnungsbetrug aus. Auch hier gab es 2020 eine Zunahme: Um 428 auf 3840 Fälle – was nur knapp über dem Fünf-Jahres-Schnitt liegt (3669 Fälle). Auffällig stark zugelegt hat den Angaben zufolge Abrechnungsbetrug in Baden-Württemberg (1605 Fälle, +48,3 Prozent) und Rheinland-Pfalz (632 Fälle, +47,3 Prozent).
Aufklärungsquote über 90 Prozent
Die BKA-Definition für Abrechnungsbetrug lautet „Geldleistungen von Selbstzahlern, Krankenkassen, Krankenversicherungen und Beihilfestellen“ betrügerisch zu erlangen, wobei der Täterkreis mit „Angehörigen medizinischer oder pharmazeutischer Berufe, Krankenhäusern und Sanatorien“ umrissen ist.
Über sämtliche Branchen und Deliktsarten hinweg standen 2020 bundesweit 28 .509 (+28 Prozent) Personen im Verdacht, Wirtschaftsdelikte begangen zu haben. Der Anteil „nichtdeutscher Tatverdächtiger“ betrug laut BKA 29,4 Prozent, was einer Zunahme gegenüber Vorjahr um fast 52 Prozent entspreche. Häufig würden „organisierte Tätergruppierungen“ die innereuropäische Freizügigkeit ausnutzen, „indem sie Landsleute gezielt nach Deutschland verbringen und diese aufgrund falscher Angaben zu ihren Arbeitsverhältnissen unberechtigt Sozialleistungen beziehen.“
Einmal mehr können die auf Wirtschaftsdelikte spezialisierten Ermittler aber auch ein Jahr als erfolgreiches abhaken: Denn mit 91,5 Prozent hat sich die Aufklärungsquote nicht nur auf hohem Niveau stabilisiert, sondern sogar um 1,5 Punkte gegenüber 2019 verbessert. Zum Vergleich: Die Gesamtaufklärungsquote aller in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Straftaten betrug zuletzt 58,4 Prozent.
Mitursächlich für die hohe Aufklärungsquote sei, heißt es, „dass Delikte der Wirtschaftskriminalität überwiegend Anzeigedelikte darstellen und Tatverdächtige durch die Anzeigenden oftmals benannt werden.“ (cw)