Bei der Blutentnahme hört die Aufklärungspflicht auf

Die Aufklärungspflicht von Ärzten hat dort ihre Grenzen, wo sie im Praxisalltag zu erheblichem Aufwand führen würde. Für Blutentnahmen gilt sie - so ein Landgericht - demnach nicht.

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Ein Risiko der Blutentnahme: Nerven können verletzt werden.

Ein Risiko der Blutentnahme: Nerven können verletzt werden.

© Klaus Rose

HEIDELBERG (fl). Wird bei einem Patienten während einer Behandlung Blut abgenommen, muss der Arzt nicht über mögliche Risiken wie Nervenverletzungen aufklären.

Dies hat das Landgericht Heidelberg in einem nun veröffentlichten Urteil entschieden und damit die Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage eines Patienten zurückgewiesen.

Der Arzt müsse nicht über gesundheitliche Risiken aufklären, die sich dem medizinischen Laien ohnehin aus der Art des Eingriffs erschließen, so die Richter.

Geklagt hatte ein Patient, dem am rechten Handgelenk Blut entnommen wurde. Der Mann hatte zehn Tage zuvor eine Mandeloperation vornehmen lassen. Als er schließlich mit Schluckbeschwerden und im dehydrierten Zustand erneut seinen HNO-Arzt aufsuchte, wurde die Blutentnahme veranlasst.

Beim Einstich wurde allerdings ein Nerv verletzt. Daraufhin traten starke Schmerzen und Lähmungserscheinungen auf. Erst nach einer Operation konnten diese behoben werden. Es blieb jedoch eine ausgeprägte Schwäche der rechten Hand.

Der Patient meinte, dass die Blutentnahme am Handgelenk gar nicht nötig gewesen sei. Er hätte zudem über die Risiken der Blutentnahme aufgeklärt werden müssen.

Wegen dieser Pflichtverletzung forderte er mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld sowie 7.500 Euro als Verdienstausfallentschädigung, für Haushaltsführungsschadenersatz und für die angefallene Anwaltsvergütung.

Das Landgericht stellte jedoch klar, dass kein schuldhafter medizinischer Behandlungsfehler vorlag. Die Blutentnahme am Handrücken war bei dem Patienten medizinisch nicht zu beanstanden. Der Arzt habe auch nicht seine Aufklärungspflicht verletzt.

Bei so einem geringen Eingriff müsse der Patient nicht über die geringen Risiken, wie eine Hautrötung oder eine seltene Nervenirritation aufgeklärt werden.

Im klinischen Massengeschäft würde es sonst zu erheblichem Aufwand sowie weiteren Kosten kommen, wenn bei jeder Blutentnahme der Patient über deren Risiken informiert werden müsse.

Anders sehe dies jedoch bei der Blutspende aus. Hier bestehe eine Informationspflicht. Denn Nervenverletzungen würden wegen der größeren Kanülen häufiger auftreten als bei einer normalen Blutentnahme.

Az.: 4 O 95/08

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