Zukunft der Prävention

Betriebsärzte begeben sich auf die Suche

Wie steht es um die Zukunft der Prävention in Unternehmen? Betriebsärzte nehmen das Thema bei ihrem Kongress in Aachen unter die Lupe. Eine Arbeitnehmerbefragung zeigt: Es besteht durchaus Handlungsbedarf.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Bei der Arbeitsplatzbegehung können Betriebsärzte individuelle Präventionsmaßnahmen empfehlen – zur Erhaltung der Arbeitskraft.

Bei der Arbeitsplatzbegehung können Betriebsärzte individuelle Präventionsmaßnahmen empfehlen – zur Erhaltung der Arbeitskraft.

© VDBW

AACHEN/DORTMUND/STUTTGART. Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) hat mit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes am 25. Juli dieses Jahres an Bedeutung gewonnen. So sollen unter anderem die gesetzlichen Krankenkassen zwei Euro je Jahr und Versicherten in puncto BGF aufwenden.

Eine wichtige Frage ist dabei noch nicht geklärt: Welche Rolle sollen Betriebs- und Werksärzte bei der Prävention im Unternehmen spielen? Antworten will der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) auf seinem an diesem Donnerstag in Aachen startenden Deutschen Betriebsärzte-Kongress finden.

Weitere Schwerpunkt des Kongresses liegen nach Aussage von VDBW-Präsident Dr. Wolfgang Panter neben der Prävention von Erkrankungenauf den Arbeitsmedizinischen Regeln und Empfehlungen sowie der Problematik der Eignungsuntersuchungen, aber auch der Delegation betriebsärztlicher Aufgabenstellung sowie den Möglichkeiten der Telemedizin im arbeitsmedizinischen Alltag.

Herausforderung Demografiewandel

Die Frage, wie die Arbeitsmediziner die Prävention vom Vorstandszimmer bis zur Werkbank in den Unternehmen etablieren wollen, gewinnt angesichts des Demografiewandels in den eigenen Reihen an Brisanz.

Denn: Wie aus einer Erhebung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hervorgeht, sind - Stand 31.12.2013 - 57,8 Prozent der qualifizierten Betriebsmediziner 60 Jahre und älter. Aber nur 279 von 12.430 Betriebsärzten waren zu diesem Stichtag unter 40.

Dass in Sachen Vorsorge am Arbeitsplatz Handlungsbedarf besteht, zeigt exemplarisch ein Blick in die jüngst veröffentlichte Erwerbstätigenbefragung 2012 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) - eine repräsentative Erhebung unter 20.000 Erwerbstätigen in Deutschland.

Dort gab mit 21 Prozent rund jeder Fünfte an, in den vergangenen zwölf Monaten während oder nach der Arbeit unter Knieschmerzen zu leiden. Dabei steige die Quote mit dem Alter deutlich an. Insgesamt seien Männer etwas häufiger betroffen als Frauen. Die Ursachen der Erkrankung sind laut BAuA vielfältig, ein maßgeblicher Faktor seien die alltäglichen Arbeitsbedingungen.

Hohe Kniebelastungen träten vor allem bei ungünstigen Körperhaltungen, wie bei der Arbeit in kniender oder hockender Stellung und dem Heben und Tragen schwerer Lasten, auf. Ungünstige klimatische Bedingungen steigerten das Risiko für Knieschmerzen.

Dies verdeutliche ein Vergleich von Berufsgruppen: In der Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung, beim Bau oder in der Forstwirtschaft sei der Anteil der Betroffenen doppelt so hoch wie bei Verwaltungsangestellten. Hier werde auch am häufigsten in ungünstigen Körperhaltungen gearbeitet.

So berichteten nur etwa zwei Prozent der Manager, aber 40 Prozent der Beschäftigten aus dem Agrarbereich, dass sie regelmäßig in ungünstigen Körperhaltungen arbeiten. Zusätzlich sähen sich Beschäftigte aus diesen Bereichen oft noch weiteren körperlichen Belastungen ausgesetzt wie beispielsweise schwerem Heben und Tragen. Solche Belastungen erhöhen das Risiko für Knieschmerzen zusätzlich.

Anspruch auf Betriebsarztbesuch

Die BAuA empfiehlt, kniebelastende Tätigkeiten nach Möglichkeit auf eine Stunde am Tag zu beschränken. Hier stehen Maßnahmen der Arbeitsorganisation oder der Ergonomie zur Verfügung.

So gibt es zum Beispiel spezielle Geräte für Fußbodenverleger, mit denen der Kleber im Stehen statt im Knien aufgebracht werden kann. Wichtig sei außerdem, die Beschäftigten über eventuelle Gefährdung und Prävention aufzuklären.

So hat beispielsweise jeder, wie hervorgehoben wird, der über eine Stunde täglich im Knien oder Hocken arbeitet, Anrecht auf eine Beratung und Untersuchung durch den jeweiligen Betriebsarzt. Zusätzlich seien Maßnahmen der Gesundheitsförderung sinnvoll, die auf eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige knieentlastende sportliche Betätigung abzielen.

Präventionspakt bei Daimler

Dass vor allem die Großindustrie die Prävention im Betrieb ernst nimmt, um die Produktivität zu erhalten oder steigern, zeigt aktuell und exemplarisch der Autobauer Daimler. Dieser will den Gesundheitsschutz für seine Mitarbeiter stärken, wozu Personal-Vorstand Wilfried Porth und Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht am Dienstag in Sindelfingen ein entsprechendes Strategiepapier unterzeichneten, das unter anderem Leitlinien für bessere Fitness vorgibt.

Im Kern geht es darum, die durchschnittlich immer ältere Belegschaft möglichst lange im Unternehmen zu halten.

Als gesundheitsfördernde Maßnahme sieht Daimler Montageanlagen, auf denen Autokarossen geschwenkt oder angehoben werden - Werksarbeiter müssen sich dann nicht mehr verrenken, das Risiko von Rückenschäden sinkt. "Wir sind auf einem guten Weg, aber es ist noch viel zu tun", sagte Betriebschef Brecht. ( mit Material von dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Kampf dem Zervixkarzinom

Ärzte sind sich einig: eine Impfung schützt!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vision Zero e.V.
Ein junges Mädchen wird geimpft – gegen HPV? (Symbolbild mit Fotomodellen)

© milanmarkovic78 / stock.adobe.com

Vision Zero Onkologie

Die Elimination des Zervixkarzinoms

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vision Zero e.V.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an