Projekt

Damit Ärzte ihren Patienten nicht zu viel verschreiben

Besonders qualifizierte Apotheker prüfen Rezepte auf Fehl- und Doppelverordnungen. Mit diesem Ansatz wollen Apothekerkammer Westfalen-Lippe und die AOK Nordwest die Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie verbessern.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ärzte verordnen chronisch kranken Patienten häufig viele Arzneimittel. Spezielle Apotheker sollen helfen, die Übersicht zu wahren.

Ärzte verordnen chronisch kranken Patienten häufig viele Arzneimittel. Spezielle Apotheker sollen helfen, die Übersicht zu wahren.

© Severin Schweiger /panthermedia.net

KÖLN. In einem Kooperationsprojekt wollen die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) und die AOK Nordwest erproben, ob die Betreuung durch besonders qualifizierte Apotheker die Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS) der Patienten erhöhen kann. Gleichzeitig hofft die AOK, dass die Adhärenz der Versicherten durch den Einsatz einer Patientenquittung steigt. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet.

In den kommenden drei Jahren sollen mindestens 1000 AOK-Versicherte in 200 Apotheken betreut werden, in denen Apothekerinnen und Apotheker tätig sind, die zu AMTS-Managern ausgebildet wurden. Sie verstehen sich bei der Arzneimittelversorgung als Lotsen zwischen Arzt und Patient.

Die AMTS-Manager sollen die Rezepte auf mögliche Fehl- und Doppelverordnungen prüfen - und auch auf das Risiko unerwünschter Arzneimittelereignisse. So weit es möglich ist, sollen sie auch die vom Versicherten erworbenen freiverkäuflichen Medikamente einbeziehen.

Die AKWL hat bislang bereits 529 Apotheker zu AMTS-Managern qualifiziert. Die gemeinsame Initiative mit der AOK Nordwest soll jetzt zeigen, wie erfolgreich ihr Einsatz mit Blick auf die Therapiesicherheit und -treue ist.

Kompetenz der Patienten als Ziel

"Unser gemeinsames Ziel ist es, den Patienten künftig mehr Kompetenzen und Sicherheit bei der Einnahme ihrer Medikamente zu geben", sagt der Vorstandsvorsitzende der AOK Nordwest Tom Ackermann. Dabei setzt die Krankenkasse auch auf den Einsatz ihrer elektronischen Patientenquittung. Dort sind alle Arzneimittel und Wirkstoffe aufgeführt.

Die Versicherten müssen die Patientenquittung bei der AOK anfordern, sie können sie ausdrucken und mit in die Apotheke bringen. Diese Eigeninitiative ist nach Einschätzung von Andreas Heeke, Leiter des Geschäftsbereichs Apotheker bei der AOK Nordwest, eine gute Voraussetzung. "Wir hoffen, dass wir dadurch die Adhärenz erhöhen können", sagt er.

Anders als in dem vom Arzt ausgestellten Medikationsplan listet die Patientenquittung der Krankenkasse nur die Mittel auf, die der Patient tatsächlich in der Apotheke abgeholt hat. In Westfalen-Lippe nutzen rund 30.000 AOK-Versicherte die Patientenquittung. Vor zwei Jahren ergab eine Auswertung, dass jeder vierte von ihnen älter als 60 Jahre und chronisch krank ist (wir berichteten). Für die AKWL ist das AMTS-Management ein zukunftsträchtiges Konzept. "Die systematische Optimierung des Therapieprozesses, die derzeit noch in Modellregionen erprobt und nun gemeinsam evaluiert werden soll, wird bereits in wenigen Jahren der Standard für die Versorgung aller Patienten sein", erwartet Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening.

80.000 Euro für Wissenschaft

Für eine dauerhafte Implementierung eines Medikationsmanagements sei eine begleitende Versorgungsforschung von hoher Bedeutung. Das Projekt wird vom Lehrstuhl für Klinische Pharmazie an der Universität Bonn evaluiert. Für die wissenschaftliche Begleitung stellt die AOK Nordwest 80.000 Euro zur Verfügung, den Rest trägt die AKWL-Stiftung.

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Kosten und Nutzen

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