Nach Aus für Klinik

Die Akten-Meter von Uslar

Ein Krankenhaus im niedersächsischen Uslar hat den Betrieb eingestellt - und zurück bleibt ein Berg von Unterlagen. Nun gibt es große Sorgen um die Datensicherheit, denn die Frage bleibt: Wohin mit 170 Meter Patientenakten?

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:
Patientenakten müssen sicher aufbewahrt werden, damit sie nicht in falsche Hände gelangen.

Patientenakten müssen sicher aufbewahrt werden, damit sie nicht in falsche Hände gelangen.

© McPHOTO / blickwinkel / dpa

USLAR/GÖTTINGEN/HANNOVER. Was passiert eigentlich mit Patientenakten, wenn ein Krankenhaus pleite gegangen ist? Diese Frage stellt sich derzeit in der südniedersächsischen Kleinstadt Uslar (Kreis Northeim).

Vor drei Jahren hatte das dortige Krankenhaus wegen Insolvenz seinen stationären Betrieb einstellen müssen. Vor Kurzem wurde das Klinikgrundstück verkauft.

Laut Vertrag muss der neue Besitzer den Kaufpreis allerdings erst zahlen, wenn das Gebäude vollständig geräumt ist. Dort lagern aber immer noch 170 laufende Meter Patientenunterlagen sowie diverse Personalakten.

Uslars Bürgermeister Torsten Bauer sorgt sich, ob die sensiblen Daten ausreichend vor unberechtigten Zugriffen geschützt sind.

Obwohl die Stadt gar nicht zuständig sei, habe sich die Verwaltung darum bemüht, eine Übernahme der Patientenakten durch das nahegelegene Klinik- und Rehabilitationszentrum Lippoldsberg zu erreichen, erklärte der Bürgermeister. Die Initiative sei aber ergebnislos geblieben.

Nachdem es vor einigen Monaten einen Einbruch in das leer stehende Klinikgebäude gab, forderte die Stadt die Grundrechtspfandgläuberin des Grundstücks auf, die im Klinikgebäude lagernden Patienten- und Personalunterlagen bis Ende März fach- und datenschutzkonform zu vernichten.

Anderenfalls sei eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten der ehemaligen Patienten zu befürchten. "Wir haben wegen des Einbruchs Gefahr im Verzug gesehen, schließlich geht es hier um sensible Daten", sagte Bauer.

Urteil: Anordnung ist rechtswidrig

Die betroffene Sparkasse weigerte sich allerdings, der Anordnung Folge zu leisten, und zog vor das Verwaltungsgericht Göttingen.

Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht hielt die Anordnung für rechtswidrig, weil die Fristen für die Aufbewahrung von Patientenunterlagen noch nicht abgelaufen sind. Aufzeichnungen über Röntgenbehandlungen seien 30 Jahre lang aufzubewahren, Röntgenbilder 10 Jahre.

Die Stadt habe zudem nicht dargelegt, inwieweit die ehemaligen Patienten und Mitarbeiter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit in ihrem Recht auf informelle Selbstbestimmung verletzt werden könnten.

Nach Aktenlage befänden sich die Akten in verschlossenen Räumen. Neben dem Insolvenzverwalter hätten nur der Hausmeister und die Grundpfandrechtsgläuberin Zugriff auf die Schlüssel.

Es bestehe daher keine Gefahr, dass die eingelagerten Akten in falsche Hände gelangen könnten. (Az.: 1 B 127/15)

Dem Gericht zufolge hat der neue Eigentümer das Klinikgebäude noch nicht in Besitz genommen. Dies werde er voraussichtlich auch nicht tun, bevor die Akten aus dem Gebäude entfernt wurden.

Wie und wo die Patientenakten künftig lagern werden, weiß man weder bei der Stadt Uslar noch im niedersächsischen Sozialministerium.

Nach Angaben eines Ministeriumssprechers hat der Insolvenzverwalter dafür zu sorgen, dass die Akten für die Dauer der gesetzlichen Fristen professionell, sicher und zugänglich aufbewahrt werden.

Das Ministerium habe keinerlei Kontrollbefugnisse über die Abwicklung der Insolvenzmasse. Von der Insolvenzverwaltung war hierzu keine Auskunft zu erhalten.

Auch auf wiederholte Anfrage kam von der Anwaltskanzlei in Kassel keinerlei Reaktion.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Lesetipps
Die Luftbelastung in Innenräumen mit Reinigungsprodukten betrifft jede Person. Sie beeinflusst unsere Lungenfunktion, und das lebenslang. Diese Gefahr wird unterschätzt. So die Meinung einer Pneumologin aus Italien.

© natali_mis / stock.adobe.com

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können