Hintergrund

"Diesel-Gipfel": E-Mobilität und modernste Motoren punkten bei Klinikflotten

Die Gefahr von Fahrverboten für ältere Diesel-Fahrzeuge ist auch nach dem "Nationalen Forum Diesel" vom Mittwoch in Berlin nicht gebannt. Klinikkonzerne verfolgen die Diesel-Debatte seit Längerem und feilen als Alternative an E-Strategien – soweit dies geht.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

Die Automobilindustrie verfolgt gemeinsam mit der Politik das Ziel, die Luftqualität weiter zu verbessern. Fahrverbote könnten und müssten in Deutschland vermieden werden. Dieses Fazit zog der Verband der Automobilindustrie (VDA) am Mittwoch nach dem "Nationalen Forum Diesel", zu dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks unter anderem die Chefs der deutschen Autobauer nach Berlin zitiert hatten. "Die Hersteller im VDA sagen eine umfassende und zügige Nachrüstung von über fünf Millionen Diesel-Pkw in Deutschland zu. Darüber hinaus werden sich unsere Hersteller am geplanten Fonds ‚Nachhaltige Mobilität für die Stadt‘ beteiligen", verlautete von VDA-Seite. Anlass des Diesel-Gipfels war die gesundheitsgefährdende hohe Stickoxidbelastung in vielen deutschen Städten und damit drohende Fahrverbote für Dieselautos.

Der Diesel-Gipfel richtete sein Augenmerk zwar auf die Automobilbranche, von potenziellen Fahrverboten in Städten könnten aber auch Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte betroffen sein. Die Crux: Selbst wenn größere Gesundheitsdienstleister zum Beispiel ihre Flotten von Diesel auf E-Autos umstellen wollten, so hindert sie meist – zumindest derzeit noch – die jeweilige Konzernautorichtlinie, die aus wirtschaftlichem Kalkül vorschreibt, als Dienstwagen generell nur Autos mit Dieselmotoren anzuschaffen. Der private Klinikbetreiber Helios setzt im Flottenmanagement auf moderne Technik. "Unsere zuständigen Experten im Bereich Fuhrparkmanagement beobachten die Diskussionen rund um Emissionen von Dieselmotoren sehr genau. Da wir Dienstwagen mit einer Vertragslaufzeit von in der Regel zwei Jahren leasen, sind die Motoren auf einem technologisch neuen Stand und wir könnten schnell umstellen", erläutert Michael Maader, bei Helios Leiter Externe Unternehmenskommunikation. Das Fuhrparkmanagement sei jeweils an den einzelnen Standorten bzw. regional organisiert.

Palliativ-Teams im E-Auto unterwegs

Auch beim Wettbewerber Sana Kliniken besteht die Unternehmensflotte aus Leasing-Fahrzeugen, die alle drei Jahre getauscht würden – und somit immer auf dem neusten Stand der Technik seien. "Alle derzeit genutzten Fahrzeuge erfüllen bereits die Euro Norm 6", wie Hans-Jürgen Heck, Stellvertretender Leiter der Stabsstelle Unternehmenskommunikation, erklärt. Vereinzelt würden bei Sana jetzt aber bereits auch schon E-Autos in den Kliniken genutzt – so etwa von der Geschäftsführung der Sana Klinik Lübeck oder den Palliativ-Teams in Offenbach. Die Konzernautorichtlinie lasse schon jetzt neben Diesel- auch die Nutzung von Hybrid-Fahrzeugen und reinen Elektrofahrzeugen zu, ergänzt Heck. Sobald es konkretere Vorgaben für Diesel-Fahrzeuge gibt, werde sich der Sana-Vorstand mit dem Thema beschäftigen und sich dabei auch von Experten beraten lassen, so Heck.

Wie Mathias Eberenz, Pressesprecher des privaten Krankenhausbetreibers Asklepios, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" bestätigte, verfolge der Konzern die Diesel-Krise mit Aufmerksamkeit, um seine Schlüsse daraus zu ziehen. Auf Sylt habe Asklepios zum Beispiel bereits Flagge in puncto Diesel-Alternativen gezeigt. Dort soll der gesamte Fuhrpark der Nordseeklinik im nächsten Jahr auf E-Autos umgestellt werden. Patienten merken dies dann unmittelbar, da auch der Pendelbus zwischen Bahnhof und Klinik elektrisch werden soll.

Just zwei Tage vor dem Diesel-Gipfel ist die Charité mit ihren Plänen für eine umweltfreundliche Patientenmobilität an die Öffentlichkeit gegangen. Ab 2018 sollen demnach die ersten elektrisch angetriebenen Kleinbusse testweise an der Universitätsmedizin Berlin unterwegs sein. Partner des "Stimulate"-Projektes sind die BVG, die Charité und das Land Berlin. Gefördert wird das Projekt vom Bundesumweltministerium. Nach einem ausgiebigen Techniktest um den Jahreswechsel können die ersten Fahrgäste voraussichtlich im Frühjahr 2018 die fahrerlosen Minibusse im Alltag testen, heißt es. Auf dem Campus Charité Mitte und dem Campus Virchow-Klinikum sollen die vier Busse auf drei definierten Routen mit festen Haltestellen unterwegs sein. Die Charité stellt die Straßen- und Ladeinfrastruktur bereit, die BVG ist für den autonomen Betrieb aller Fahrzeuge verantwortlich. "Das alles ist ein zukunftsweisender Beitrag zum Erreichen unserer umwelt- und klimaschutzpolitischen Ziele. Berlin soll bis 2050 zu einer klimaneutralen Stadt entwickelt werden", verdeutlichte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller.

Hausärzte eruieren noch die Situation

Sollte es zu Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge in bestimmten Städten kommen, so könnten mitunter auch niedergelassene Haus- und Fachärzte betroffen sein, sofern sie ein Fahrzeug führen, das die aktuellen Euro 6 Grenzwerte für NOx im realen Straßenbetrieb nicht einhalten. Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei sind generell von einem Fahrverbot ausgenommen. Die Hausärzte eruieren die Situation noch. Wie Vincent Jörres, Pressesprecher des Deutschen Hausärzteverbandes, auf Nachfrage der "Ärzte Zeitung" erläuterte, könne der Verband "zu der Frage der Auswirkungen eines Fahrverbots auf die Mobilität der Hausärztinnen und Hausärzte keinen Kommentar abgeben."

"Natürlich muss im Rahmen des Diesel-Skandals auch die Frage der gesundheitlichen Belastung der Menschen diskutiert werden", ergänzt Jörres die Sicht der Hausärzte.

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