Hintergrund

Ein PAUL für Alte und Kranke

Inzwischen gibt es viele, teilweise marktfähige Lösungen für die telemedizinische Betreuung von Patienten in den eigenen vier Wänden. Doch nur wenige Konzepte werden bislang breit eingesetzt - auch weil Standards fehlen.

Von Eugenie Wulfert Veröffentlicht:
AAL-Optionen erleichtern chronisch Kranken das Leben zu Hause.

AAL-Optionen erleichtern chronisch Kranken das Leben zu Hause.

© Frank Peters

Bewegungssensoren, die das Licht einschalten, wenn jemand nachts ins Bad geht, eine Software, die das tägliche Nutzungsprofil der Person in ihrer Wohnung erkennt und bei Unregelmäßigkeiten Alarm schlägt.

Intelligente Technik, die dazu beitragen soll, dass ältere und hilfsbedürftige Menschen so lange und so selbstbestimmt wie möglich in den eigenen vier Wänden leben.

Telemedizin und technische Assistenzsysteme, unter dem Begriff Ambient Assisted Living (AAL) zusammengefasst, gelten als eine wichtige Lösung für die Probleme der alternden Gesellschaft. Mittlerweile gibt es eine bunte AAL-Angebotspalette.

Dahinter verbergen sich aber oftmals sehr unterschiedliche Leistungen. Bei manchen Anbietern gilt schon der Hausnotruf per Druckknopf als AAL, andere bieten komplexe technische Assistenzsysteme an.

Wer soll das bezahlen?

Unklar bleibt, wer die kostenintensiven Dienstleistungen bezahlen soll. Die Kassen finanzieren sie in der Regel nicht. Experten sehen in AAL dennoch einen riesigen Zukunftsmarkt.

Genau das ist AAL auch für Rüdiger Hermann, den Vorsitzenden der Geschäftsführung von Alliance Global Assistance (AGA): ein Geschäftsmodell der Zukunft. Für AAL gebe es zurzeit keinen Markt, ist er überzeugt.

"Keiner scheint dafür bezahlen zu wollen. Deshalb nähern wir uns diesem Thema sehr vorsichtig", sagte Hermann beim Zukunftsforum "Langes Leben" in Berlin.

Derzeit bietet AGA, eine Unternehmensgruppe innerhalb des Allianz-Konzerns, nur Allianz-Kunden im Versicherungsfall AAL-Leistungen an.

Zwar könne AGA auch für andere Kunden ein umfangreiches AAL-Modell umsetzen, Nachfrage gibt es laut Hermann dafür aber keine. Trotzdem will das Unternehmen in zwei Jahren zumindest Teile dieses Konzeptes auf den Markt bringen.

"Wohn- und Lebenskonzept"

"Ein stimmiges AAL-Konzept ist bezahlbar", sagte dagegen Andrea Hugo, Geschäftsführerin des Pflegedienstes "Hauskrankenpflege". Ihr AAL-Konzept "Service Wohnen Plus" fußt auf einer Zusammenarbeit ihres Pflegedienstes und einer Bremer Wohnungsbaugesellschaft.

"Das Projekt ist ein Wohn- und Lebenskonzept mit Grund- und Ergänzungsmodulen wie Mittagstisch, Hausnotruf, Einkaufsservice, Pflegevertrag und mehr", erläuterte Hugo.

Doch nicht nur die Pflege bildet einen Schwerpunkt von "Service Wohnen plus", viel Wert wird laut Hugo auch auf Lebensqualität gelegt.

Beim Freizeit- und Beschäftigungsprogramm helfen pflegende Angehörige, Bewohner der Seniorenwohnanlage und Ehrenamtliche. "Sie sind unverzichtbar, wenn das Ganze bezahlbar bleiben soll", gibt Hugo zu.

Das Kleinunternehmen CIBEK nutzt standardisierte Technologien und Produkte unter anderem aus der Gebäudetechnik und Multimedia, Sicherheits- und Internettechnologie.

PAUL stammt aus Kaiserslautern

In einem Verbundprojekt entstand PAUL, der Persönliche Assistent zur Unterstützung des Lebens. Der mit Touch-Display ausgerüstete PAUL ermöglicht es, unterstützte Funktionen auf den Gebieten Komfort, Sicherheit und Gesundheit abzurufen.

Angefangen hat das Projekt mit 20 Muster-Wohnungen in Kaiserslautern. Jetzt werden laut Geschäftsführer Bernd Klein weitere Wohnungen in Berlin und Kassel mit PAUL ausgestattet.

"Ohne Forschungsgelder hätten wir keine Chance gehabt, länger als ein Jahr mit AAL auf dem Markt zu bleiben", gibt aber auch Klein zu.

Viel Geld fließt bereits seit mehreren Jahren in Forschung und Entwicklung entsprechender Produkte und Dienstleistungen. Vieles ist heute denk- und machbar. Ein breiter Durchbruch von AAL ist bisher allerdings noch nicht zu erkennen.

Ambient Assisted Living (AAL)

Unter Ambient Assisted Living (AAL) werden Konzepte, Produkte und Dienstleistungen subsumiert, welche mithilfe neuer Techniken das alltägliche Leben älterer und hilfsbedürftiger Menschen unterstützen können. So soll AAL Älteren ermöglichen, in ihrer gewohnten Umgebung selbstbestimmt zu leben und die Gesundheit zu erhalten. Ein besserer Lebensstil soll mit AAL für physisch Beeinträchtigte erreicht werden, um die private Sicherheit zu erhöhen und soziale Isolation zu verhindern.

www.aal-deutschland.de

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Angebot an Hausarztpraxen und Patienten

Neue Regionen für dermatologisches Telekonsil in Sachsen

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Primärprävention

Empfehlungen aktualisiert: LDL-Cholesterin wann und wie senken?

Nutzenbewertung

IQWiG erkennt keinen Zusatznutzen für Alzheimer-Antikörper Lecanemab

Lesetipps